Neueste Weltgeschichte vom Anfange der französischen Revolution bis zum allgemein Frieden

Frankreich 1789- 5

und forderte daher am 10. Juny zuin leßtenmal die andern beyden Stände zur Vereinbarung auf; als aber auch dieſe Einladung fruchtlos blieb, ſo beſchloß ſie endlich auf Vorſchlag des Abts Sieyes am 17. Juny /- ſich eine Nationalverſammluñg zu nennen, und ohne Beytritt der andern beyden Stände, die Reichsangelegenheiten zu vere handeln. Zwar verſuchte es die Regierung dieſe Verfammlung dadurch zu ſtóren, daß ſie am 20. Jun. ihren Verſammlungsſaal ſchließen ließ, worauf ſich aher die neue Nationalverſammlung im Ballhauſe verſammelte, und als es auch hier wegen der Menge Zuſchauer au Plab fehlte, verlegte ſie ihre Sißungen am 22 Jun. nach der Ludwigskirche, woſelbſt r49 Glieder des geiſt: lichen Standes ſich mit ihr vereinigten. [

Am 23. Jun. befahl der König wieder eine allgemeine Verſammlung der Stände, in welcher er alle bisherigen Beſchlúſſe annullirte, und ihnen für ihre künftigen Verhandlungen beſtimmte Befehle ertheilte, ſodann abex dieſe Sizung auſhob. Die beyden erſten Stände gehorchten dieſem königlichen Befehle , allein der Bürgerſtand ließ ſich nicht irre machen, ſondern ſeßte ſeine Verhandlungen fore, und decretivte zugleich, daß die Mitglieder der National : Verſammlung unverlebßlich ſeyn ſollen, und jeder der ſich unterſtehen wrde, «Hand an ſie zu legen, für cinen Verräther des Varerlandes erklärt werde. So ließ. ſich alſo Ludwig durch ſeine Nachgiebige écit von einer Handvoll Menſchen den Zügel der Regie: rung aus der Hanb winden, ſtatt daß bis dahin die Könige von Frankreich nur gewohnt waren, unbedingte Befehle zu ertheilen, Mirabeau ſtellte ſih an die Spiße der Verſammlung, deſſen unruhiger Geiſt nichts weniger beabſichtigte, als die gegenwärtige Ordnung der Dinge umzuſtoßen , und eine Revolution herbey zu führen. Anfänglich war es die Abſicht des Grafen Mirabeau, Deputirter des Adelſiandes zu werden, da ihm es

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