Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

20. Auguſt. Sie ſchreibt, daß ſie ſich eine Stiftsſtelle kaufen wolle und bittet um 14 Tage Nachuxlaub. Die alte Königin weiß niht, was ſie davon denken ſoll; troy allem Vorgefallenen ahnt ſie nichts. 23. Auguſt. Ih ſah heute Julie in Berlin; ſie hatte Antwort vom König, der ſehr zufrieden damit iſt, daß ſie den Hof ver= laſſen hat. Aber das Ganze bleibt doh ſ{<re>li< waurig und das arme Kind jammext mi ſehr. 30. Auguſt. Jh fürchte, die Enke wird Julie no< viel Kummer bereiten. Julie iſt heute mit ihren Verwandten auf's Land abgereiſt. An Hof ahnt man nicht, daß fie niht wieder fommt. 1. September. Ein heute eingetroffener Brief meiner armen Nichte an die Königin-Wittwe bittet um ihren Abſchied und ſagt: fie habe eine Stelle im Stift Wolmirſtädt gekauft. Die Königin gewährte die Entlaſſung ſogleih und nahm es ſehr gut auf. Julie hat auh an die Kannenberg geſchrieben*). Gräfin Kannenberg las mir den Brief meiner Nichte vor, in dem ſie zu verſtehen giebt, warum ſie geht. Die Kannenberg iſt ihre Tante und jammert jeht ſehr um ſie, aber ih wiederhole nur das Eine: man hätte ſie retten können, wenn man es zur rechten Zeit gewollt hätte, aber all mein Reden damals war umſonſt. Julie iſ no< immer in Brandenburg bei ihren Verwandten. Dex König iſ wieder hier,

*) Dieſe war die fungirende Oberſthofmeiſterin, während Frau von Vos] nur als Frau des Oberſthofmeiſters den Titel führte.