Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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es zu verſchweigen. Es betrübt mi<h tief und ih kann mih mit dem beſten- Willen eines Gefühls von Abſcheu“ und Widerwillen gegen eine Sache nicht erwehren, die ſo unerlaubt iſ, man mag an Scheingründen dafür angeben, was man will. Jhx Gewiſſen wird es ihr ſchon genugſam ſagen und wird nicht wieder ruhig werden.“

Wie groß aber auh der Schmerz war, mit dem die Oberſthofmeiſterin den tiefen Fall ihrer Nichte empfand, ſo hat ſie doh auh in den intimſten Selbſtgeſprächen dieſer Blätter kein Wort der Anklage gegen ſie, ſondern ſagt wenige Seiten weiter ſogar zu ihrer Entſchuldigung:

„Sie hat lange widerſtanden; aber ſie liebte den König leidenſchaftlich, und nachdem ſie ihm ihr Herz gegeben hatte, ließ ſie fich vollends von ihm überreden. Troß ihres ſhweren Fehltritts bleibt fie denno<h ein edler, der Achtung nicht unwerther Charakter, und ih weiß wohl, fie iſt zu rechtſchaffen, als daß ſie na< einem ſolchen — jemals wieder glüd>lih fein könnte.“

Anfang Auguſt ſchreibt ſie weiter:

„Dex König iſ nah Schleſien abgereiſt und Julie ſagt mix, fie wolle morgen na< Berlin, um zu fommuniziren, dann zu ihren Verwandten auf's Land gehen, von dort aus um ihre Entlaſſung bitten und niht wieder kommen; fie fönne es niht länger aushalten, auf dieſe Art weiter zu leben. Sie hat ſoeben dasſelbe dem König geſchrieben. Ach ih fürchte, was ſie au<h thun mag, ſie wixd nux immer unglü>lichex werden.“

17. Auguſt.

Julie reiſte heute ab, was mi ſehr ergriff.