Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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24. Februar. Julie hat Fieber und Huſten, ſie iſt auf und geht aus, aber fie gefällt mix nicht. 5, März. Man fürchtet die galopirende Schwindſucht für die arme Julie. Jh kann nicht ſagen, wie weh es mix thut. Der König iſt außer ſich; ex weiß nicht die Gefahr, aber er ängſtigt ſich ſehr um ſie. 25. Mäxz. Welch ein Tag des Unglücks! Ganz plößlih heute Abend um 8 Uhr verſchied die arme Julie; es kam über ſie, wie ein Anfall von Erſti>kung. Kein Menſ<h ahnte die nahe Gefahr; der König fuhr am Nachmittag nah Pots3= dam, i< ging gegen Abend zu ihr, aber die Prinzeſſin Friederike, die bei ihr war, redete mir ab, zu ihr hineinzugehen, weil fie angegriffen ſei, und ſo habe ih ſie niht mehr geſehen. Jh beweine ſie re<ht von Herzen und Alle beweinen ſie mit mix. Es iſt furhtbar raſh gegangen, ih kann es noch gax nicht faſſen. Sie ſtarb im Schloß in demſelben Zimmer, in dem ihr Kind geboren wurde.

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Dem Bruder Juliens, dem Miniſter von Vos, ward das Kind zux Erziehung übergeben; die Leiche der Verſtorbenen brachte man nah Buch, wo ſie in der Kirche beigeſeht wurde. Dex König war in Verzweiflung und konnte ſih niht tröſten und niht beruhigen. Auch die allgemeine Theilnahme wurde troh ihres ſtrafbaren Verhältniſſes zu ihm, denno<h für die Unglückliche laut, deren große Jugend und trauriges Schickſal unwillkürlih die Verdammenden entwaffnete und alle Ge=

müthex rührte. Die Anſicht gewann Raum, ſie ſei mit einem 9 *