Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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bücher der Oberſthofmeiſterin nux ſelten no<h Aeußerungen über die Hofereigniſſe und die Lebensweiſe des Königs.

Jhre Aufzeichnungen zeigen uns mehr und mehr nur no< den Wiederſchein tiefen Shre>ens über die immer drohender werdenden Vorgänge in Frankreih. Als 1792 der König mit dem Kronprinzen und Prinz Louis ins Feld rüdte und ſpäter der traurige Ausgang jener kriegeriſchen Unternehmung allen Hoffnungen, Ludwig XVI. und die Königin zu befreien, ein Ende machte, als die Schre>niſſe in Paris von Tag zu Tag ſtiegen und endlich das tragiſche Geſchick der königlichen Märtyrer fich vollendete, exgriffen auh die Schreiberin jener Blätter der tiefe Schmerz und das Ent-= ſehen, das alle Gemüther erſchütterte. Doh nicht allein das wachſende Verderben des Nachbarlandes, nicht allein die Trauer. über die Demüthigung der Preußiſchen Waffen und die dur< Strapaßen nußlos und ruhmlos geopferten Krieger bewegten das Herz der Oberſthofmeiſterin — wovon die Seiten ihres Tagebuches Zeugniß geben —: Schon ſeit dem Anfange des Jahres 1792 war die Schreiberin durch eine lange und leidensvolle Krankheit ihres Mannes und dur die Pflege und Sorge für ihn ganz in Anſpruch genommen. Der Kranke hatte, wie ſonſt, den Winter in Berlin zugebracht; aber troÿ ſeiner Schmerzen und ſeiner zunehmenden Schwäche ließ ihm die Sehnſucht nach dem heimathlichen Landaufenthalt mit dem wiederkehrenden Frühling keine Ruhe. Der Gefahr der anſtrengenden Reiſe und dem ernſten Bedenken dex Aerzte ungeachtet, war er von Berlin aufgebrochen, und wirklich war es ihm vergönnt, noh das erſehnte Ziel zu erreichen, aber au nur, um dort zu enden; und ſo ſtarb er wenige Tage nach ſeiner Ankunft in Groß-Giewiß am 26. Mai 1793.

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