Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

Frau von Vosf blieb na< dem Tode ihres Mannes allein in ihrer ländlichen Zurückgezogenheit und ſchien feſt entſchloſſen, dieſelbe niht wieder zu verlaſſen. Jhre Schwiegertochter hatte ſi<h zum zweiten Mal vermählt mit einem Herrn von Scha>, und die Großeltern hatten die Erziehung des einzigen ihnen gebliebenen Enkels übernommen. Aber dieſex, damals bereits dreizehn Jahre alt, ein ſhöner und begabter Knabe und die ganze Freude ſeiner Großmutter, war auf der Ritterakademie in Brandenburg und konnte ſie daher nux während ſeiner Ferien beſuchen. Sie war jeht vierundſe<hszig Jahre alt; das äußere Leben lag abgeſchloſſen hinter ihr und vox ihr der trübe Abend eines vereinſamten Alters, den es ihr beſtimmt ſchien in der Erinnerung an das Vergangene und Verlorene hiex langſam verrinnen zu ſehen. Doch es ſollte nicht ſo ſein. Am 24. April dieſes Jahres 1793 hatte die Verlobung des Kronprinzen von Preußen mit der am 10. März 1776 geborenen Prinzeſſi Louiſe von Meklenburg-Streliß ſtattgefunden und der König, getreu ſeiner nie erkaltenden Verehrung für die Freundin ſeines Vaters, hatte ſogleich den Wunſch gefaßt, dieſe möchte die Stellung als Oberhofmeiſterin bei ſeiner zukünftigen Schwiegertochter übernehmen. Bei der großen Jugend der fiſtlichen Braut ſchien es doppelt wünſchenswerth, eine ältere Frau an die Spitze ihres Hofſtaates zu ſehen, und wer