Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

— 289 —

auch ſpielte man ſehr ſchöne polniſche Volkslieder. Um zwei Uhr weiter und wiedex überall fetixt und mit tauſend Attentionen und Ueberraſchungen an jedem Ort von Neuem feſtlich empfangen. Um ſieben Uhr Abends waren wir in Oels. Der Herzog erwartete uns ſchon eine Meile vor der Stadt; wir mußten in ſeinen Wagen einſteigen, der mit acht ſehr ſ<hönen Pferden beſpannt war, die aber unter einem Triumphbogen vox der Stadt, wo Empfang war und ſie ſtill halten ſollten, einen Heidenlärm machten. Mit Mühe wieder zur Nuhe gebracht und gebändigt, brachten ſie uns glüflih bis zum Schloß, wo ſie denſelben Spektakel anfingen, ſobald ſie anhalten ſollten und man Hals über Kopf nux eilends ausſteigen mußte. - Hier war großes Souper beim Herzog; das Schloß iſ ſ{<ön; das Feſt dauerte bis Mitternacht. 22. Juni.

Ein ziemli<h ruhiger Morgen; die arme Königin war ſchr erſchöpft. Die Prinzeſſin von Württemberg, die hier iſt, und der Herzog von Oels waren den Vormittag über bei ihr; das Dinex dauerte von drei bis fünf Uhr; dann war Theater mit einem Feſtprolog für die Königin; die Muſik des Stückes war charmant, aber es dauerte bis elf Uhr und man kam erſt um ein Uhr zur Ruhe.

23. Juni.

Um acht Uhr, Gott ſei Dank, von dieſem fatiganten Ort weiter gereiſt und auh heute auf dem ganzen Wege reichli< mit Blumen beworfen und gefeiert. Um zwölf Uhr in Breslau; eine Meile vor der Stadt fingen bereits das Vivatrufen und Freudengeſchrei, die Ehrenpforten, das Blumenwexrfen und das Getümmel der Menſchenmenge an,