Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

i n

— 231 —

6, Juli.

Um ſieben Uhr ſhon fuhr ih mit der Königin zur Stadt, wir zogen uns à la Romaine an für die Huldigung. Dann fuhr die Königin mit aht Pferden in Gala zur Kirche und i< mit ihr. Dex König und alle Prinzen erwarteten ſie dort in den langen Mänteln des Ordens. Nach dex Kirche wurde fie auf den Balkon des weißen Saales geführt, um von dieſem aus der Huldigung der Stände beizuwohnen. Die Huldigung der Prinzen hatte bereits im Ritterſaal ſtattgehabt. Es war wundervoll! Jm Baldachin-Zimmer hatte man einen Thron errichtet, vom großen Saal aus. Das ganze Volk leiſtete den Eid, dicht gedrängt, Kopf an Kopf, auf dem weiten Raume, und der Anbli> des Plazes war großartig und ergreifend, das ganze Schauſpiel über alle Worte hinaus rührend und erhaben! — Die Kanonen donnexrten die ganze Zeit über, die Glo>en läuteten und die Vivats dex Volksmenge, beſonders für die Königin, die mit

Segenswünſchen und Jubelrufen die Luft erfüllten, nahmen

fein Ende. Diner an elf Tafeln, und dann waren no< aht und zwanzig Tafeln für die Deputationen der Bürger= ſchaften. Abends zurüc> na<h Charlottenburg.

7. Sult

Um zwölf Uhr Diner; um zwei Uhr fuhx ih mit dex Königin zur Stadt, wo wix uns anzogen und um ſe<s Uhr in's Schloß fuhren. Die Königin empfing hiex erſt Caillard, den franzöſiſchen Geſandten, der abreiſt. Dex verabſcheuungs-= würdige Sieyès kommt an ſeine Stelle. Dann ſah ſie Schall, den Baiern, Adams und Maiſonneuve; hernah war großes Feſt im weißen Saal, Ball und Souper für den ganzen Adel.