Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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das Protectorat Napoleon's über denſelben erlebt, abex Alles das, was ſih im Laufe der lehten ſehs Wochen im Preußiſchen Kabinet zugetragen hatte, war ihr auf den Wunſch des Königs verborgen geblieben, der ihr gerade während ihrer Abweſenheit jede Unruhe und Sorge hatte erſparen wollen. Die Majeſtäten blieben no< einige Wochen in Charlottenburg und gingen den 20. September über Magdeburg und Halle nah Naumburg an der Saale, wo ſie etwa 14 Tage blieben und die lebten Zurüſtungen des Heeres und den ſ<ließlihen Ausbruch der Feindſeligkeiten erwarteten. Der König hoffte auf die Unterſtühung der ruſſiſchen Streitkräfte ; denn ſeit jenem erſten Zuſammentreffen und Kennenlernen 1802 in Memel war die Freundſchaft des Kaiſers für den König ſih immer glei geblieben. Alle politiſchen Scheingründe, Jntrigen und Bemühungen der Preußen feindlichen Parteien hatten vergebens verſucht, dieſelbe zu erſchüttern, und jeßt, im entſcheidenden Augenbli>, wo der Krieg gegen Napoleon eine Nothwendigkeit geworden und mit ſeinem vollen Ernſt immer näher trat, ſtand au<h Alexander dem König als Freund und Verbündeter zur Seite.

Troß dieſer wohlthuenden Gewißheit war der Moment, wo in Wirklichkeit Ruſſen und Preußen gemeinſam kämpfen ſollten, leider doh no< fern und die Lehteren mußten voreyſt allein und ohne den Beiſtand Verbündeter den Kampf beginnen. Die ruſſiſchen Truppen, deren früheres Vorrücken die Niederlage ‘bei Jena hätte verhüten oder deren Folgen hemmen und verhindern können, erſchienen ex auf dem Kampfplaß, als die leßten Trümmer des preußiſchen Heeres ſhon na< Oſtpreußen zurückgeworfen waren.

Die Königin war, wie bereits erwähnt worden, ihrem