Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Sie wurde im Juni dieſes Jahres von den Aerzten na< Pyrmont geſchickt und reiſte diesmal ohne den König, nux von der Obexſthofmeiſterin und den anderen Perſonen ihres Hofſtaates begleitet. Sie brauchte die dortige Heilquelle mit einer rührenden Gewiſſenhaftigkeit und Pünktlich= feit, um daß, wie ſie ſagte, „der Zwe der ihr ſo ſ<hmerzlichen Trennung von dem König und ihren Kindern, zu der ſie ſich ſehr ſchwer entſchloſſen hatte, niht ungenügt ver= gehen ſollte!“

Die Oberſthofmeiſterin erzählt von dieſem Aufenthalte :

„Hier in dem ungezwungenen geſelligen Kreiſe der Badegäſte ward meine geliebte Königin wahrhaft angebetet von Allen, Allen, die ſie ſahen; — Sie vergaß ſih nie, auh nicht auf einen Augenblic>; aber bei dieſer rührend ſanften und doch ſo erhabenen Würde, die ſie nie verließ, war thr Weſen doch heiter, ja fröhlih, und ihre immer gleiche freund= [ihe Stimmung machte das Daſein Allen leiht und beglüend, die mit ihr lebten. — Vor Allem, wenn ſie Briefe vom König oder von ihren anderen Angehörigen erhielt, war ſie von einer ſtrahlenden Freude und beeilte ihre Rückkehr auch ſo viel als möglich, um nux zum Geburtstag des Königs wieder mit dieſem vereint zu ſein. Das Bad that ihr ſicht= lich gut. Jhre Freude bei dem endlichen Wiederſehen mit dem König, der ihr bis mehrere Meilen hinter Potsdam entgegen fam, war wahrhaft rührend“. i

Kaum zurückgekehrt, mußte die Königin zu ihrem Schre>en exfahren, daß der Krieg gegen Frankreich beſchloſſen, daß auch ſchon die Rüſtungen beinahe beendet und die Armee maxſ<hfertig ſei. Allerdings hatte ſie bereits in Pyrmont den Schmerz über die Abſchließung des Rheinbundes und