Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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heute hier an; ex hat die Majeſtäten in Küſtrin geſehen, aber ſagt, der König habe kein Wort mit ihm geſprochen.

29. October. Einen Brief des Miniſters Schroetter erhalten, dex mix ſagt, daß die Majeſtäten heute in Graudenz eintreffen ſollen. Die Franzoſen haben Alt - Landsberg ganz ausgeplündert, Napoleon if in Berlin. Gott wolle ſi< unſerer annehmen und die Erde von dieſem Elenden befreien, der die Geißel dex Menſchheit iſt. 30. October. Die Majeſtäten ſind in Stargard und ihre Packwagen in Graudenz; man weiß niht warum. Man ſagt, der Prinz Hohenlohe habe ein ſiegreihes Gefecht gehabt, aber man weiß im Grunde nichts Anderes, als völlig haltloſe Gerüchte. Die Unentſchloſſenheit, die Verblendung und die Unfähigkeit, die in den höchſten Stellen herrſchen und ſelbſt in dex Umgebung des Königs, das iſt unſer größtes Unglück.

Die Reiche dieſer Welt mit ihrer Größe und Macht ſteigen eine Zeit lang empox und ſinken dann wieder und verſchwinden in dem Strom der Weltereigniſſe. Scheint es nicht, als wäre die Monarchie auf dem Punkt in Trümmer zu zerſchellen in dieſem Sturm des Unglücks, wenn nicht ein Wunder kommt uns zu retten? — Nux Gottes ſtarke Hand kann uns von dieſem Uebermächtigen befreien, will Ex helfen, dann iſ Alles möglich, aber mit unſerer Macht fönnen wix niht mehr ſiegen. Unſere Truppen ſind gut, aber ſie ſind nicht ‘wie die ſeinigen an den Krieg gewöhnt und im Kriege geſchult, und er? — der Krieg i} fein Handwerk, ex verſteht ihn und wir niht. Auch ex wird