Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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war, aber i< konnte dies liebe Kind keinen Angenbli> ver=geſſen, das von der Wiege an ſo rührend freundlich, fo fromm und gehorſam geweſen war! Doch hat der liebe Gott mix die große Gnade erwieſen, daß ih an den beiden Kindern, die mix geblieben ſind, nux Freude und Glück erlebt habe,

Im Jahre 1759, na< dem Unglück bei Kunersdorf, verjagten die Feinde den Königlichen Hof aus Berlin. Ex flüchtete ſich nah Magdeburg*®). Daſſelbe iviederholte fich 1760 und 1761 und in dem leßteren Jahre war der Hof ſogar gezwungen, mehrere Monate lang zu bleiben. Wix mußten jedesmal aus unſerm Hauſe ausziehen, um daſſelbe der Prinzeſſin von Preußen zu überlaſſen, für die keine andere hin= reichend große Wohnung zu finden war. Ein Theil der Berliner Geſellſchaft war dem Hof gefolgt, aus Angſt vor den Feinden; faſt alle meine Bekannten und Freunde waren jeht zeitenweiſe dort verſammelt und nicht nur ſie, ſondern auh die Höfe waren für mi voller Güte und Freundlichkeit und beſonders war mix die Anweſenheit dex von mix ſo innig verehrten Prinzeſſin Heinrich ein großer Troſt.

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Neben dieſen Aufzeichnungen über den äußeren Verlauf ihres Lebens findet ſi< in dem Nachlaß der Gräfin von Vos\ ein franzöſiſch geſchriebenes Tagebuch, das mit dem Jahre 1760 beginnt und bis zu ihrem Tode 1814 fortgeht. Leider iſt daſſelbe zu wortkarg und notizenhaft gehalten, um einen

*) Befanntlih ſ{rieb Friedrich II. am 12. Auguſt 1759 na<h dem Tag bei Kunersdorf an den Miniſter Finkenſtein, auf einem Stück Papier, das no< vorhanden iſt: Sauvez Ila famille Royale. Je n’ai plus de ressources et à ne point mentir je crois tout perdu. Je ne gurvivrai point à la perte de ma patrie! Adieu pour jamais. —