Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Einbli> in ihr inneres Leben thun zu laſſen. Zugleich iſt es mit großer Vorſicht geſchrieben, giebt oft Andeutungen, die nux ihr ſelbſt beim Nachſchlagen verſtändlich ſein konnten oder ſeht ſtatt der Namen nux Anfangsbuchſtaben, beſchränkt ſich überhaupt auf die kuczmöglichſte Erwähnung der äußeren Ereigniſſe jedes Tages, meiſt ohne irgend welche Empfin= dungen odex Reflexionen daran zu knüpfen. Troß dieſes dürftigen und tro>enen Jnhalts iſt es vielleicht niht ohne JIntexeſſe, wenigſtens einen flüchtigen Blik in daſſelbe zu werfen; denn füx die Signatux der damaligen Lebensgewohnheiten wird es vollkommen genügen, nur die Notizen einiger Monte hiex einzuſchalten, welche auf eine faſt räthſel= hafte Art zeigen, wie in derſelben Zeit, wo der König durch Verluſte und Unglüc> jeder Art gebeugt, nur mit um ſo größerem Heldenmuthe gegen die Uebermacht ſeinex Feinde rang, man an dem Hof ſeiner Gemahlin, ſeiner Schweſter und Schwägerinnen ſi< die Zeit mit keinen Luſtbarkeiten zu vertreiben ſuchte, kaum ernſtlich darum bekümmert, wie viel Gebiete des unglü>lichen, vom Krieg erſchöpften Landes zur Zeit gerade in der harten Hand dex Ruſſen, dex Oeſterreicher oder der Franzoſen ſeufzten. Dies frappirt- um ſo mehr, wenn man den damaligen Stand ‘dex Ereigniſſe in's Auge faßt. Allerdings hatte die ſiegreiche Schlacht bei Liegniß am 15. Auguſt 1760 dem bedrängten König für den Moment Luft geſchafft; aber ſie wax auch der exſte Sonnenbli> nah einem ganzen Jahr voller Trübſale und Niederlagen. Wie wenig Friedrich 11. ſich über die faſt verzweifelten Schwierig= feiten ſeiner Lage täuſchte, beweiſt jener Brief, den ex am 18. September aus Breslau an den Marquis d’Argens ſchrieb

und in welchem dex Held, deſſen E Mannes= Am Preußiſ<hen Hofe, 2, Aufl.