Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

Preußen gegeſſen. Nah Tiſche war i< in der Aſſemblée und dann an Hof, wo ih beim Souper zwiſchen Graf Borke und General F. ſaß, der nur auf einige Tage hergekommen iſt. Er war ſehr traurig, morgen wieder abreiſen zu müſſen, und ih war es niht minder aus demſelben Grunde, und auh traurig wegen der ſchle<ten Nachrichten vom Heere und von Hülſen, den die Kaiſerlichen und die Würtembergiſchen Truppen, nachdem ſie Torgau und Wittenberg genommen, jeht gezwungen haben, ſih bis auf ſehs Meilen von hier zurüzuziehen. Alle Welt zittert für Bexlin und wir ſind mit Recht in tauſend Aengſten. 4. October.

Abends wax ih an Hof, wo Alles in großer Sorge um Bexlin wax, denn die Ruſſen nähern ſi<h immer mehr. Beim Souper bekam die Königin einen Brief, welcher ihr meldete: die Ruſſen hätten vorgeſtern Berlin aufgefordert, ſich zu ergeben; auf die erhaltene Weigexung hin von früh Morgens bis ſieben Uhr Abends die Stadt bombardirt und dann längs der Stadtmauern Feuer angelegt. Die Königin ſagte uns kein Wort von dem Allen, aber ih exfuhr es durch ihren Kammerdiener und Frau von Cocceji ſ<hrieb mir gleich darauf ein Billet, um es mir noh genauex zu ſagen. Vollex Angſt und Unruhe um das arme Berlin und ſeine unglücflichen Einwohner konnte ih keine Ruhe finden. |

5, October.

Dex Schmerz um Berlin ließ mich niht ſ{hlafen. Früh Morgens kam die Maxrſchallin von Schmettau, um mix zu ſagen, was auch ſie erfahren hatte, au< daß man ſehr viel brennende Bomben in die Stadt geworfen, die cine furchtbaxe Verwüſtung angerichtet hätten; aber dex Feldmarſchall