Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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Eben ſah ih mich in meiner Stube um, als ih plöblich durh einen Kanonenſchuß aufgeſchre>t wurde. Eilig trat ih ans Fenſter um zu ſehen, was es gäbe. Da ſteigt gerade vor jenem runden Türken-Thurme Pulverdampf in die Höhe und ih höre, es ſei zur Ankunft des Ruſſiſchen Hofraths ſalutirt worden. Ein zweiter Schuß folgte dem erſten und wie ih #o eben, um noh etwa mehrere abzuwarten, mich in das Fenſter lege, bemerke ih in der Gegend des Schuſſes einen Haufen Menſchen zuſammenlaufen. Petrarca ruft mir hinauf, daß ſo eben zwei Menſchen dur den Schuß verbrannt und getödtet ſeien. — J< kann die Empfindung ſchwer in Worte faſſen, welche mich in jenem Augenbli>e ergriff. Von dem Schauder, welches die Spuren der roheſten Unmenſchlichkeit in mir erregt hatten, war ih kaum befreit, als jeßt eine doppelte Todesbotſchaft mir ein um ſo größeres Grauſen erwe>te, da gerade ein aus Freude und Freundſchaft gebotener Gruß ſo geendet hatte. Es iſ unmöglich, rief ih; zwei Menſchen todt? und trieb Petrarca an, weil ih in der That kaum daran glauben konnte, ſogleich an Ort und Stelle näher ſih zu erkundigen. Er kam und brachte beſſere Nachricht. 4

Durch Unvorſichtigkeit hatten zwei Montenegriner, welche die Salven gelöſt hatten, beim erſten Schuſſe nicht gehörig den Zündſtoff vor Einſchüttung des zweiten entfernt, und ſo war denn die ganze Pulvermaſſe bei der neuen Ladung auf ſie ſelbſt abgebrannt. Der eine, welcher entfernter geſtanden hatte, war weniger, der andere auf ſeinem ganzen vordern Körper \{warz verbrannt und an den Augen ſo verlebt, daß er blind an méinem Fenſter vorbei nah Hauſe geführt werden mußte. Auf dieſe Weiſe endigte die Schre>ensſcene unſeres Empfanges und ih wünſchte ſehnlichſt, daß ſie nicht zur Vorbedeutung der Dinge gereichen möge, welche uns noch erwarteten. Nach dieſem ſſt0renden Jntermezzo warf ih meine Reiſekleidung von mir, lohnte den Panduren für ſeine Begleitung und ſeßte mich nieder, um von unſerm etwa achtſtündigen Marſche auszuruhen.

Jn meinem Wohnzimmer, das durch ein fleines Fenſter erhellt wurde, fand ih nur ein großes, breites, nah Ftalieniſcher Art gebautes Bett. Später wurden zu demſelben noch ein Tiſch und ein Stuhl gefügt. Meiner Stube gegenüber lag noch eine