Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Hiſtoriſche Novelle von Hanns v. Spielberg. 173

blié angeſchaut, „ſeid Jhr doh wunderſamerweiſe ihr leibhaſtes Ebenbild. Es war im Wonnemonde Mai, da ivir uns unſere Liebe geſtanden, ih ging auf den Wunſch meines Herrn Vaters unmittelbar darauf an den Hof des Landgrafen, um mich in höfiſcher Sitte zu bilden und mir den Nitterſ<hlag zu holen, na<h Jahr und Tag, ſo ge= [obten wix uns, wollte i< heimkehren und ſie zum Che= gemahl nehmen. Es war ein {öner Traum, und an= ders, ganz anders ſollte es fommen. Der Landgraf hielt auf der Wartburg Hof, ein glänzender Kranz von tapferen Rittern und ſchönen Frauen umgab ihn, und im ritterlichen Spiel und heiteren Minneſcherzen flogen die Tage nur ſo hin. I< hatte zuerſt gar fein Gefallen an dem tändelnden Treiben, meine Gedanfen weilten ferne bei der Geliebten, und ihr Bild ſtand Tag und Nacht vor meinen Augen. Aber wie es ſo geht in der Welt, gerade weil i< oft ernſt und düſter war, wenn Alles in froher Leidenſchaft rings um mich des Lebens ſich freute und die Luſt des Seins mit vollen Zügen ſ{<lürſte, mochte ih einfacher Buxrſch in dem ſtolzen Kreiſe auffallen; dex Fürſt, der meine Gewandtheit in allen ritterlichen Uebungen, ſei's nun auf dem Turnierplaß, ſei's auf der Faltenbeize oder der Jagd, bald erkannte, bevorzugte mi ſicht= lich, und mehr als ein ſ{önes Frauenauge ſuchte mi in ſeinen Bann zu nehmen. Aber meine Liebe feite mich vor jeder Gefahr, bis — nun bis eben jenes Weib an den Hof fam, die das Unglü> meines Lebens werden ſollte.“

Seine Stimme verſagte, er mußte abbrechen vor mäch-