Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.
208 — Neujahrsbräuche.
gewiſſer Perſonen, indem man einen Leichenzug aus demHauſe des Betreffenden kommen ſieht; ferner erhält man Kenntniß eintretender Verheirathungen, Kriege U. f. iw. Kinder, die in der Neujahrsnacht geboren werden, haben na< der Volksſage beſonderes Glüd, natürli, wie bei allen derartigen Prophezeiungen, unter getviſſen Bedingun= gen. Wenn es Mädchen find, müſſen ſie der Mutter gleichen, die Knaben ſollen dem Vater ähnli ſehen, ſonſt trifft die Vorausſezung niht zu. Fn Weſtphalen gilt dieſer Volksglaube auf den meiſten Dörfern; man betrachtet dort die Neujahrskinder allgemein als bevorzugt, wie ander3iwo die Sonntagskinder, und findet die glücverheißende Aehn= lichkeit auh dann heraus, wenn ſolche gar nicht vorhanden iſt. Auch das Wetter des nächſten Jahres kann man in der Sylveſternacht erfahren; bläst der Wind in dieſer Nacht von Oſten, fo hofft man auf ein geſegnetes Obſtjahr; von Süden, ſo gibt es viel Korn; von Weſten verheißt er Milch und Fiſche, von Norden abex Stürme und Kälte. Sn manGhen Orten nagelt man in der lehten Nacht des Sahres die Ställe zu und legt eiwas Schneidendes in das Viehfutter, das ſ{hüßt gegen Hexen. Vielfach begegnet man auch dem Gebrauche, am erſten Januar Heringe zu eſſen, denn dann hat man das ganze Fahr hindur< Geld. Die Niederſachſen, welche das Land der „nothen Erde“ bez wohnen, haben, wie fo vieles Andere, auch die von den alten Kulturvölfern überkommenen Bräuche am treueſten bewahrt. Jm Lande Weſtphalen herrſcht noh Heute die Sitte, zum Neujahrstage ein beſonderes Gebäd zu bereiten, die ſogenannten Ciſerkuchen. Jn frei8runden Waffelformen