Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

46 Klippen des Glüds.

„Jh bin ſchon zweimal in Oſtrowko geweſen und-

fenne den Weg genau. Jh werde dorthin fahren und den Arzt holen, wenn Sie nux befehlen wollen, daß ſofort ein Wagen für mich angeſpannt wird.“

„Sie wollen ſelbſt in die dunkle Wetternacht hinaus, Fräulein Lieschen? Unmöglich |

„Sie vergeſſen, daß ih ein Landkind und ſeit früheſter Kindheit daran gewöhnt bin, mit einem Einſpänner allein auf den ſchwierigſten Wegen zu fahren. Mein Auge iſt ſcharf, meine Hand ſicher. Jh kenne den Weg und fürchte ieder die Dunkelheit noch das Weiter. Eine Stunde Ver= zug fann vielleicht ein Menſchenleben gefährden, welches möglicherweiſe dur< rechtzeitige ärztliche Hilſe gerettet werden fann. Jede Minute iſt koſtbar, Sie haben es ſelbſt geſagt, Herr v. Wangen! Jh werde na< Oſtrowko fah= ren, Sie dürfen mich daran niht hindern.”

Mit bewunderndem Blik betrachtete der Jnſpektor Kämpf das ſchöne junge Mädchen, welches ſeinen kühnen Entſchluß ſo ruhig vertheidigte, als handle es ſich um die gewöhnlichſte, leichteſte Sache der Welt.

„Jh glaube wirklich, Sie wären im Stande, in die Sturmnacht hinaus zu kutſchixen, gnädiges Fräulein !“ ſagte er lächelnd; „aber daraus wird uichts. J< vürde ja nie wieder einem Menſchen ohne Scham in's Geſicht ſehen fönnen, wenn ih das duldete. Jh fahre und hole den Dottor, in ſpäteſtens zwei Stunden ſoll ex hier fein.“

„Sie ſind eben exſt von der Reiſe zurü>&gefehrt, “ wen= dete Eliſe ein.

„Umſowenigex thut es mix etwas, wenu ih noh einz