Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 5.

60 - Klippen des Glüds.

gerade deshalb dem Drange ihres Herzens niht folgen, ſie durfte den Zwieſpalt zwiſchen Bextha und Klara nicht verſchärfen.

Au Bertha war nicht ſo ruhig, wie ſie erſcheinen wollte; auch ſie wartete mit angſtvoller Spannung auf die Entſcheidung des Arztes. Wie ſie damals in Schloß Oſternau ſi ſtets bemüht hatte, das Intereſſe zu ver= bergen, welches ihr der Jnformator einflößte, ſo wollte ſie daſſelbe auch heute nicht zeigen ; ret abſichtlich ſprach ſie von ihm mit einer gewiſſen Nichtachtung, als kümmere fie ſih wenig um ihn, als ſei ihr ſogar die Aufnahme des Verwündeten in ihr Haus nur eine läſtige Pflicht. Indem ſie Eliſe wegen ihrer über die Grenzen “der Schiälichkeit hinauêgehenden aufopferungsvollen Pflege tadelte, wollte ſie verbergen, welchen Antheil ſie an dem alten Be= fannten aus früherer Zeit nehme, fih ſelbſt aber konnte ſie denſelben nicht verbergen. Sie hatte während der Nacht faum wenige Minuten wirkli geſchlafen, die Erinnerung an die alte Zeit hatte ſi<h ihr gewaltſam aufgedrängt, und auh wenn ſie für kurze Zeit halb entſ<lummert war, verfolgte ſie doh in den Traum hinein das Bild des, wie ſie fürchtete, zum Tode Verwundeten ; ſie ſah die lebloſe Geſtalt, das bleiche blutbefle>Œte Geſicht wieder vor ſich und eniſeßt fuhr ſie aus dem Halbſchlaf empor. Wenn ſie dann wieder wachte, überkam fie ein bitterer Neid gegen Eliſe, die an ſeinem Lager ſißen und ihn pflegen durfte. Ja, ſie bez neidete Cliſe, und doch erfüllte ſie ein Gefühl halb des Entz fezens, halb des Abſcheues, wenn ſie zurüctdachte an den häßlichen Anbli> der ſ{hmußigen lebloſen Geſtalt. Cs