Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Roman von Adolph Stre>ffuß. 69

„Wix können doh Herrn v. Ernau mit unſeren Be= ſuchen nicht überlaufen. Es würde zudringlich ſein, wenn ih ihm einen zweiten Beſuch machte, ehe er den meinigen in Linau exwiedert hat.“

„Ex iſ no< immer frank und fann vox Anfang nächz ſter Woche nicht kommen,“ wendete Bertha dagegen ein ; „jeder Verdacht einer Zudringlichkeit abex wird dadur< ausgeſchloſſen, daß der Vetter Albrecht natürlich gern den alten Bekannten, der ihn nicht aufſuchen kann, beſucht. Hexr v. Ernau wird ſi gewiß herzlich freuen, Dich und den Vétter zu ſehen, und gerade dadur<, daß Du die ſtrenge Geſellſchaftsform nicht beobachteſt, zeigſt Du ihm, daß Du gute Nachbarſchaft mit ihm halten willſt.“

Wangen, der ſonſt gern jeden kaum angedeuteten Wunſch ſeinex Frau erfüllte, ließ ſi diesmal lange nöthigen, ehe er ſich entſchloß, ihrem Zureden nachzugeben ; aber ‘er gab doh endlich nach, als auh Albrecht verſicherte, ex halte es faſt für eine Pflicht, ſeinen kurzen Aufenthalt in Linau zu einer Erneuerung der Bekanntſchaft mit Herrn y. Ernau zu benußen. Wangen willigte darauſhin ein, am fol= genden Vormittag nah Plagniß zu fahren.

„Fahren wir auch wieder mit, Bertha und ih?“ fragte Klara.

„Nein! Es iſt mit dem einen Beſuch, den ih mit Cuch in Plagniß gemacht habe, mehr als übergenug!* erwiederte Wangen ſcharf abweiſend.

Am folgenden Morgen, als die Familie mit ihrem Gaſt am Kaffeetiſch wieder vereint wax, erinnerte Bertha Wangen an- ſein Verſprechen.