Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

Novelle von G. Höcker. 161

3.

Ungefähr eine Woche ſpäter traf um die Abendzeit der Schloſſermeiſter Knorr mit ſeinem Freunde gerade vor deſſen Hausthüre zuſammen. Müller ſchien ärgerlich, denn er fuchtelte mit ſeinem Rohrſto> gewaltig durch die Luft und auf ſeinem ſonſt fo milden Geſicht zeigten ſi finſtere Falten. Den Gruß des Freundes erwiederte er nux durch ein {waches Kopfniken, dann wendete ex ſih wieder vou demſelben ab und ſchaute nah dem neben der Hausthüre angebrachlen Porzellanſchild, auf dem mit goldenen Lettern „Leberecht Müller, Privalier ,“ zu leſen ſtand.

Knorx lachte. „Jh glaube, Du willſt noch eitel werden auf Deine alten Tage. Was, zum Teufel, ſtudirſt Du denn an Deinem Namenëſchild herum?“

„Da, da, ſieh nux ,“ ereiferte ſich Meiſter Müller und deutete mit ausgeſtre>tem Zeigefinger auf das Schild. „Daß immer ſolche Flegeleien verübt werden müſſen!“

Der Schloſſermeiſter ſchaute näher hin und gewahrte, daß unter dem Schilde mit Bleiſtift das Wort „Leimpfännchen“ an die Wand hingekrißelt war. :

„Ja ſo, das ärgert Dich natüzulih! J< muß Dir übrigens no< gratuliren, aus Deinem Fräulein Leinpfännchen ſoll jeht alſo wirklich eine Frau Baronin werden.“

„Fängſt Du auh an? Jh denke, Du ſeieſt zu alt für ſolche albernen Späße.“

„Nux kalt Blut, alter Schwede,“ lachte Kuorr, während ex mit dem Freunde un die Hause>e in den Garten ſchritt. „Jh habe es in dex Zeitung geleſen, die Ver= lobungsanzeige hat ſi< fomiſh genug auêgenommen.“

Bibliothek. Jahrg. 1886, Bd. Xl. 11