Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.

Novelle von G. Höter. 183

faum hin, ſeinen und ſeines Kindes Lebens8unterhalt zu gewährleiſten. An eine Abzahlung der Shuld war dur<h= aus nicht zu denken, und da die Gelddarleiher nicht länger warten wollten, ſo mußte Meiſter Müller daran denken, das Aeußerſte zu vermeiden und lieber freiwillig ſein ſhmu>es Häuêchen zu verkaufen. Dieſer ſo nothwendige Entſchluß lag ihm aber ſchwer auf dem Herzen, denn Hes lene begann ſich in dem freundlichen Cigenthum wieder heimiſh zu fühlen.

Ex hätte ſich indeſſen eher die Zunge abgebiſſen, als daß ex es über das Herz gebracht hätte, ſeinem Kinde eine Andeutung darüber zu machen, daß ſie über kurz oder lang gezwungen ſein würden, dem lang inne gehabten Heim Lebewohl zu ſagen. Nach ſeiner Gewohnheit trug er den Kummer tief im Herzen verborgen, aber der ehrliche Knorr, welcher tagtäglih in das Haus fam, las ihm denſelben deutlih genug von der umwölkten Stirne ab.

„Meinſt Du, ih weiß niht, wo Dich der Schuh dritt?“ ſagte er einmal, als ſie neben einander im Garten ſaßen und Meiſter Müller lautes Auſſeufzen niht unter= laſſen konnte.

„Mir fehlt nichts,“ entgegnete dex alte Mann aus= weichend.

„Freilih, Zahnſchmerzen haſt Du nicht,“ meinte der Shlofſermeiſter in der ihm eigenen derben Weiſe, „aber daſür hat Dein Geldbeutel die Schwindſucht. J< ſollte eigentlich den Schnabel halten, denn wenn das „Leimpfänn= <en‘ zu ſtolz iſt, ſi< an mich zu wenden, dann brauche ih mi< ihm auh niht aufzudrängen.“