Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
- Von Kaxl Gander, 209
Theil aus einer Zeit ſtammen, als noch das Althochdeutſche
als Volksſprache herrſchend war. Welche Wandlung hat dieſe ſeitdem dur<hgemacht! Aus der althochdeutſchen hat ſie ſich zur mittelhochdeutſ<hen und aus dieſer zur neu= hochdeutſchen entwi>elt. Die Namen hgben in ihrer Ex= ſtarrung dieſe Entwickelung entweder gar nicht mitgemacht “oder fie ſind hinter derſelben zurü>geblieben. Daß fie dadurch aber dem jeßt lebenden Geſchle<hte unverſtändlich werden mußten, wird- Jeder leicht einſehen.
Abex nicht alle Familiennamen dürfen ein ſo Hohes Alter beanſpruchen, da ja nicht alle auf alte Perſonen= namen zurü>zuführen ſind. Als na<h den Kreuzzügen die Städte emporblühten, da wollten die Vornamen allein dem geſteigerten gewerblichen Verkehr niht mehx genügen. Es wurde ſ<wierig, die vielen glei<hnamigen Perſonen zu unterſcheiden. Namentlich bei Kauf= und Erbverträgen machte ſich der Mangel von feſtſtehenden, vom Vater auf den Sohn weitererbenden Namen ret fühlbar.
Um Frrungen zu vermeiden, fing man an, Zuſäße zu machen. Man ſeßte entweder dem eigenen noh den Vater= namen hinzu (Heinri<h Steffens = Stephans Heinrich; Steffenſon = Stephans Sohn), oder das Amt, beziehungs= weiſe die Beſchäftigung (Martin Schreibex, Hermann Brauer), auh Wohnung, Eigenſchaften, körperliche Eigenheiten und Gebrechen (Amthox, Fuxrchtbax, Breitkreuz, Kraushaar, Hinfelbein). Später behielt man ſolche Zuzſähe bei; ſie vererbten ſi<h auf die Kinder und wurden feſt. Selbſtverſtändlich geſchah dieſes Feſtwerden niht überall zu gleicher Zeit. Es geſchah in den Städten ſrüher
Bibliothek. Jahrg. 1886. Bd. VT. 14