Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.
212 Die deutſ chen Familiennamen.
wanderung, namentli<h von vertriebenen Hugenotten in Betracht.
Obwohl unſere Familiennamen ſich ſeit ihrer Entſtehung in einer Erſtarrung befinden, weil ſie mit der Ent= widelung der Sprache niht Schritt gehalten haben, fo ſind fie dennoch nicht unverändert geblieben. An Entſtellungen, Umdeutungen, Verſtümmelungen hat es niht gefehlt. Dieſe Entſtellungen trafen in erſter Linie ſolche Namen, die man nicht verſtand, alſo fremde und mundartliche. Aus Bogis= ſav wurde Bugslaff und Bußlaff, aus Warneking (niederd. Verkleinerung von Werner) Warnkönig, ja es iſt ſogar inöglich geweſen, daß aus dem klangvollen Namen Berend (von Bernhard = Bärenſtark) Bierente entſtehen konnte. Das ſind Wandlungen, die vielleicht ohne Abſicht geſchehen ſind, ſ<hlimmer iſt es ſchon, wenn ein echt deutſcher Knie= riem die Bedeutung ſeines Namens verſchleiern will und ſich Cnyrim ſchreibt; doh am allerbedauerlichſten iſt es, "daß es in Deutſchland eine Zeit gegeben hat, in der das reine Ueberſehung8= oder Latiniſixungsfieber der Namen eingeriſſen war; eine Zeit, in wel<her man die heimiſche Sprache als eine barbariſche verachtete und ſogar Schülern das Spielen nux unter der Bedingung erlaubte, daß dabei lateiniſch geſprochen würde. Leider gingen die Gelehrten in der Verwelſchung ihrer Namen voran. Das Uebel, welches ſie begonnen hatten, erfaßte nur zu bald weitere Kreiſe. Mancher Flaumbart, der ſich mit Mühe dur< eine Lateinſchule hindurch gearbeitet-hatte, fühlte ſi<h nun ſo gehoben, daß ihm ſein deuiſher Name niht mehr ge= nügte, dex, wie ex glaubte, ſeiner nunmehr erlangten Be-