Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

44 Vierte Drdnung: Raubtiere; fünſte Familie: Hunde.

in das Dickicht, um das Tier heraus und in die ſorgfältig gelegten Hinterhalte zu treiben. Nach Tennent gewordenen Mitteilungen eines Augenzeugen iſt es ihre erſte Sorge, ein niedergeriſſenes Wild womögli< in das nächſtgelegene Dickicht zu ſchleppen, aus welchem ſie ſodann mit der gleihgültigſten Miene wieder heraustreten, um zu erſpähen, ob nicht etwa ein ſtärkeres Tier, welches ſie ihrer Beute berauben könnte, in der Nähe ſi< umhertreibe. Fſſt die Luſt rein, ſo kehren ſie zu dem verborgenen Opfer zurü> und ſchaffen es weg oder verzehren es auf der Stelle. Angeſichts eines Menſchen oder ſtärkeren Raubtieres ſollen ſie, wie der Berichterſtatter Tennents verſichert und dieſer für wahr hält, irgend einen Gegenſtand ins Maul nehmen und eilig davonrennen, als wären ſie begierig, die vermeintliche Beute zu ſichern, gelegenerer Zeit aber zu dem wirklihen Naube zurükehren. Fedenfalls gelten ſie bei allen Singaleſen, genau ebenſo wie Reineke bei uns, als Sinnbilder der Liſt und Verſ<hlagenheit und haben einen wahren Schaß von Sagen und Geſchichten ins Leben gerufen.

An den Schädeln einzelner Schakale ſoll ſi< eine von außen meiſt durc einen Haarbuſch kenntlihe Knohenwucherung, das Schakalhorn, finden, welchem die Fnder und Singaleſen wunderbare Kräfte zuſchreiben. JFhrer Meinung nah entwähſt es nur dem Schädel des Leithundes und iſt deshalb beſonders ſchwer zu erhalten, verbürgt dem glü>lichen Beſißer aber Erfüllung aller Wünſche, kehrt auh, wenn es geſtohlen wurde, von ſelbſt wieder in ſeinen Beſiß zurü>, iſt überhaupt ein Talisman erſten Ranges. Uralt und weit verbreitet iſt auh der Glaube, daß der Schakal dem Löwen wie dem Tiger als Kundſchafter vorausziehe, ihn warne, zu einem Opfer führe und dafür einen Teil der Beute erhalte. Jn Fndien wird noh beſonders darauf hingewieſen, das er nur in des Tigers oder des Panthers Nähe einen ganz eigenartigen, ſonſt niht von ihm zu hörenden Strei ausſtoße. Dieſer den Jägern wohlbekannte Schrei iſt in der That gar niht mißzuverſtehen;: aber wir ſind vollauf berechtigt, ihn als einen Warnruf aufzufaſſen, der nihts weniger als grundlos ſein dürſte: denn ein hungriger Tiger wird oft genug ſih auh mit einem Schakal begnügen, wie es der Panther ſiherlih thut. Zudem berichten zuverläſſige Beobachter, daß, wie zu erwarten, die hungrigen Ge!ellen unter ſolhen Umſtänden niht dem Tiger vorausziehen, ſondern ihm nachfolgen, um etwaige Neſte des königlichen Mahles zu erſhnappen, wobei ſie ſih aber ſorgfältig hüten, in den Bereich des großen Herrn zu kommen.

Sanderſon hatte einmal Gelegenheit, ihr Verhalten zu beobahten- Ex hatte ſich am Abend dicht bei einem vom Tiger friſch getöteten Rinde auf den Anſtand begeben, um den zurü>kehrenden Räuber zu ſchießen. Bevor dieſer erſchien, wurde er durch das Treiben dreier Schakale unterhalten. „Zwei davon“, erzählt Sanderſon, „ſhlichen ſhon vor Sonnenuntergang herbei, und es war höchſt kurzweilig anzuſehen, mit welcher übermäßigen Vorſicht ſie ſih dem offen daliegenden toten Rinde näherten, da ſie doch eigentli wiſſen mußten, daß der Tiger niht dabei war. Hatten ſie ſih endlih nahe herangewagt, ſo ſprangen ſie plößlih in drolliger Weiſe zurü> und davon, offenbar in der Abſicht, den Tiger, falls er irgendwo in der Nähe wäre, zu einer Bewegung zu reizen. Schließlich waren ſie mutig genug geworden ſih an den Fraß zu machen. Der eine fiel gierig über das Rind her und riß nichts weniger als geräuſchlos an ihm herum; der andere aber, ohne daran zu denken, ſich ebenfalls zu ſättigen, hielt derweil ſorgſame Wacht. Auf einmal ſträubte erjedes Haar an Körper und Schwanz, nahm die Stellung eines ſih übergebenden Hundes an, flemmte den Schwanz ein und machte kurze, überaus lächerlih berührende Anläufe, indem er wie ein aufgeblaſener Truthahn trippelnd vorwärts rutſchte. Feßt kommt der Tiger, dachte ih; ſtatt deſſen gewahrte ih aber bloß einen dritten Schakal, welchen der eiferſüchtige Wächter niht auh no< an den gede>ten Tiſch laſſen wollte. Wirklich legte ſih auh der zuleßt gekommene nieder und wartete mit ſcheinbarer Gleichgültigkeit, bis die Neihe an