Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

62 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

um ſo merkwürdiger erſcheint, als er doh infolge ſeines raſtloſen und lauren Weſens und ſeiner Färbung, die ihn wohl zum bunteſten aller wild lebenden Säugetiere macht, jedermann auffallen müßte. Fn manchen Gegenden ſeines bis jeßt bekannten Verbreitungsgebietes ſoll er ebenſo häufig wie in anderen und benachbarten ſelten ſein, was wohl damit zu erklären wäre, daß er eine ſehr unſtete Lebensweiſe führt, dem wandernden Wilde na<hzieht und dabei zeitweilig bald hier bald da in Meuten angetroffen wird. Sicherlich verläßt er auh wildarm gewordene Gegenden, verſheucht zudem ſelbſt die Tiere aus dem gerade erwählten Jagdgebiete. Er iſt ein e<tes Steppentier, bunt am Leibe und lebendig vom Geiſte. Das Hündiſche ſpricht ſich in ſeinem Weſen vorwiegend aus. Er iſt Tag- und Nachttier und liebt zahlreiche Geſellſchaften; deshalb findet man ihn oft in Meuten oder Rudeln von 30—40 Stü vereinigt. Jn früheren Zeiten war er im Kaplande eine häufige Erſcheinung, und vielfache Berichte erwähnen ſeiner. Daß dabei mannigfaltige Ausſ{<hmüc>ungen ſeiner Naturgeſchichte mit unterlaufen, verſteht ſi< von ſelbſt, und noh heute ſind wir nicht im ſtande, das Wahre immer und überall von dem Unwahren zu trennen.

Dex Kapuziner Zuchelli gibt in ſeiner „Miſſions- und Reiſebeſhreibung na< Kongo“, welche zu Anfang des vorigen Jahrhunderts erſchien, eine ziemlih ausführliche Beſchreibung von ihm. „Es wird nicht undienlich ſein“, ſagt er, „hier etwas derjenigen Tiere zu gedenken, welche einen natürlichen Haß gegen alle anderen Tiere im Walde haben und dieſelben verfolgen und jagen, nämlih der Mebbien. Dieſe Mebbien ſind eine Art wilder Hunde, welche jagen, aber doh von den Wölfen ſih ſehr unterſcheiden. Sie ſcheinen vielmehr die Eigenſchaft der Spürhunde zu haben und von der Natur erſchaffen zu ſein, die anderen ſchädlichen Tiere wegzutreiben. Befinden ſie ſi<h in dem Walde, ſo braucht ſih kein Wandersmann vor reißenden Tieren zu fürchten. Als einſt einer von unſerer Miſſion zu Bamba durch die Wüſte reiſen wollte, beſprach er ſi vorher mit dem Fürſten, ob er dies der Löwen und Panther wegen wohl wagen dürſte, und der Fürſt erwiderte ihm, daß er ganz ohne Gefahr reiſen fönne, weil er vor etlichen Tagen in jener Gegend die Mebbien geſehen habe, welche den Weg von allen grimmigen Tieren gereinigt haben würden. Sie vertreiben alſo die wilden Tiere, obſchon ſie ſelbſt ſolche ſind; gleihwohl lieben ſie den Menſchen überaus und fügen ihm nicht den geringſten Schaden zu, weshalb man ſie au< ohne Scheu in die Dörfer und fogar bis in die Höfe kommen läßt. Jhr Widerwille gegen andere wilde Tiere iſt ſo groß, daß ſie die grauſamſten Raubtiere, wie Löwen und Panther, anfallen und troß deren Stärke durch ihre Menge überwältigen und niederreißen. Was ſie des Tags über an Beute gemacht haben, das teilen ſie des Abends untereinander, und wenn etwas übriggeblieben iſt, fo ſhleppen ſie es bis in die Dörfer hinein, damit auc die Menſchen einen Teil davon zu genießen bekommen. So fahren ſie einen Tag und eine Woche fort, bis die Gegend von allen wilden Tieren gereinigt iſt; dann gehen ſie an einen anderen Ort und ſeßen ihre Jagd in derſelben Weiſe fort.“

Man erkennt aus dieſer Darſtellung leiht die Zeit, in welcher ſie geſchrieben wurde, und die Unklarheit der Beobachtung. Ganz anders lautet {hon der Bericht von Kolbe, welcher die Tiere im Kaplande bemerkte. Hier heißen ſie „wilde Hunde“, welche oft in die Dörfer der Hottentotten und in die Häuſer der Europäer laufen. Sie fügen dem Menſchen fein Leid zu, richten aber unter den Schafen großen Schaden an, wenn ſie niht vertrieben werden; denn ſie reißen oft 60—100 Stü Schafe nieder, beißen ihnen den Bauch auf, freſſen ihnen die Eingeweide aus und laufen dann davon. Nun vergeht über ein Fahrhundert, bis des Tieres wieder Erwähnung geſchieht. Erſt Burchell beobachtete es wieder vielfah in Südafrika, brachte auch ein Stü lebendig mit nah England. Dieſer Forſcher, welcher es Jagdhyäne nennt, beſtätigt, daß es bei Tage und in Geſellſchaft jagt und eine Art von Gebell hören läßt, welches lebhaft an das der Hunde erinnert. Er rühmt auch den Mut und die Munterkeit des Tieres den Hyänen gegenüber, welche nur bei Nacht wie feige