Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

T2, Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

Abgegrenzte Farbenfelder bemerkt man nur am Vorderteile der Beine, wo das allgemeine Roſtfahlrot oder Roſtfahlgelb der Oberſeite neben dem lichten Fſabellgelb der Unterſeite als länglicher Fle>en ſih zeigt. Der Schwanz iſt merklih dunkler als der Oberkörper, etwa fahlgrau. Das Ohr trägt außen rötlichgelbe, innen weißlihe Behaarung.

Über Verbreitung und Sitten des Tieres berihtet Radde. Der Alpenwolf tritt in den Gebirgen, denen die öſtlichen Quellzuſtröme des Jeniſſei entſpringen, ſtrihweiſe häufig auf, wird aber ebenſowohl von den Burjäten und Sojoten wie von den ruſſiſhen Fägern nicht gejagt, ſondern nur beiläufig erbeutet. Mehr der geringe Wert ſeines groben Pelzes als die Furcht vor ihm iſt Urſache, daß man ihm nicht beſonders nachſtellt. Sein Vorkommen ſcheint an gewiſſe Örtlichkeiten geknüpft zu ſein, an ſolche, welche zu den wildeſten Gebirgsgegenden gehören und von den Hirſchen beſonders gern als Standorte gewählt werden. So iſt er im Jagdgebiete der Karagaſſen weſilih vom mittleren Okalaufe no in Trupps von 10 bis 15 Stü vorhanden und geht dort den Hirſchen, ganz beſonders den Hirſhkühen und Kälbern, nah. Vereinzelter lebt er im Gebiete der Sojoten, namentli<h am Schwarzen Jrfut, wo er ſih vornehmlih an Steinbö>e hält. Fm oberen Jrkutthale hatte er im Jahre 1859 die Hirſche dergeſtalt verſprengt, daß die Jagden auf ſie erfolglos blieben. Fm ſüdlichen Apfelgebirge erkundigte ſih Radde vergeblih nach ihm, erfuhr dagegen in den Hohſteppen Dauriens, daß der Dſcherkul hier zuweilen vorkomme. Jn den Gebirgen des unteren Amur iſt er häufig. :

Von den Jägern im Amurthale wird der Alpenwolf gefürchtet. Die“ von ihm gebildeten Meuten umzingeln ihre Beute und fällen ſie ſicher. Dem Jäger, welcher dieſe Raubtiere in größerer Anzahl antrifft, bleibt nihts übrig, als ſi< auf einen Baum zu flüchten. Hirſche und Steinbö>ke werden von den Alpenhunden zu Felsabſtürzen getrieben, angeſchoſſene Stücke verfolgt und ſehr bald niedergeriſſen. Angeſichts der Beute laſſen ſie einen pfeifend ziſhenden Laut vernehmen und ſtürzen ſih ſo gierig auf den Fraß, daß man ſich ihnen ſehr gut nähern kann. Ein Radde bekannter Birar-Tunguſe erlegte von vier Alpenhunden, welche ihm einen eben angeſchoſſenen Hirſh ſtreitig machten, drei nacheinander, ohne daß die überlebenden dur< das Zuſammenſtürzen der getöteten ſih bei ihrer Mahlzeit hätten ſtören laſſen. Von den kundigen Eingeborenen werden ſie übrigens als ſehr ſ{<hlaue und ſchnelle Tiere geſchildert. Starke, alte Männchen führen die Meute, und zwar nehmen gewöhnlich ihrer mehrere die Spiße. Erfahrene Fagdhunde folgen der Spur ihrer Verwandten niht, kehren vielmehr wie nah erkannter Tigerſpur furhtſam, mit geſträubtem Rü>enhaare, zum Herrn zurü>. Das Fleiſh wird niht gegeſſen, das Fell von den ruſſiſchen Kaufleuten niht begehrt. Von Radde verlangte man freiliGh 6—10 Rubel dafür, aber nux, weil man merkte, wie viel ihm an einem vollſtändigen Balge gelegen war.

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Jn einer Beziehung der vorgeſchrittenſte aller Hunde iſt der Waldhund der braſiliſchen Urwälder, der die legte Untergattung der wolfsartigen Hunde bildet. Dieſe Untergattung (Teticyon) wird gekennzeihnet dur<h das gewöhnlih nur no< aus 36 Zähnen beſtehende Gebiß, wie es kein anderer Hund beſitzt.

Der Wald- oder Buſhhund (Canis [Tcticyon] venaticus, Cynogale venatica, Cynalicus melanogaster), der von manchen Sriftſtellern zu den Mardern geſtellt worden iſt, hat einen dien, furz- und breitſ<nauzigen Kopf, einen mittelgroßen, gedrungenen Körper mit kurzen, kräftigen Beinen und kurzem Schwanze. Der ziemlih langhaarige Pelz iſt im großen und ganzen braun. Das dunkle Geſicht erinnert an das des Vielfraßes.

Das ſeltene Tier führt ein nächtlihes Leben im dihten Urwalde, und deswegen iſt auh faſt nihts über ſein Weſen und Treiben bekannt. Kappler berichtet über ihn aus