Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Waldhund. Haushunde. 73

Surinam: „Er ſoll im Fnnern vorkommen und in Rudeln jagen. Jc bin ihm zwar nie begegnet, doh brachte man mir einen halbwüchſigen lebend. Er war außer dem 6 Zoll langen, furz behaarten Shwanze bei 2 Fuß lang und 1 Fuß hoh, dunkel grauſhwarz von Farbe, Hals und Kopf gelbbraun. Er war äußerſt wild, fraß nichts und kläffte und knurrte, ſobald man ſih dem Käfige näherte, weshalb ih ihn tötete.“

Ein junger Waldhund, welcher im Londoner Tiergarten gepſlegt wurde, benahm ſi gänzlih wie ein ſpielluſtiger junger Hund.

„Durch den Verſtand des Hundes beſteht die Welt.“ So ſteht im Vendidad (Geſeßbuch), dem älteſten und ehteſten Teile des Zendaveſta, eines der älteſten Bücher der Menſchheit. :

Für die erſte Bildungsſtufe des Menſchengeſhle<htes waren und ſind no heute dieſe Worte eine goldene Wahrheit. Der wilde, rohe, ungeſittete Menſch iſt undenkbar ohne den Hund, der gebildete, geſittete Bewohner des angebauteſten Teiles der Erde kaum minder. Menſch und Hund ergänzen ſih hundert- und tauſendfach; Menſch und Hund ſind die treuefen aller Genoſſen. Kein einziges Tier der ganzen Erde iſt der vollſten und ungeteilteſten Achtung, der Freundſchaft und Liebe des Menſchen würdiger als der Hund. Ex iſt ein Teil des Menſchen ſelbſt, zu deſſen Gedeihen, zu deſſen Wohlfahrt unentbehrlih. „Der Hund“, ſagt Cuvier, „iſt die merkwürdigſte, vollendetſte und nüßlihſte Eroberung, welche der Menſch jemals gemacht hat. Die ganze Art iſt unſer Eigentum geworden; jedes Einzelweſen dieſer gehört dem Menſchen, ſeinem Herrn, gänzlich an, richtet ſi< na< ſeinen Gebräuchen, kennt und verteidigt deſſen Eigentum und bleibt ihm ergeben bis zum Tode. Und alles dieſes entſpringt weder aus Not noh aus Furcht, ſondern aus reiner Liebe und Anhänglichkeit. Die Schnelligkeit, die Stärke des Geruchs haben für den Menſchen aus ihm einen mähtigen Gehilfen gemacht, und vielleicht iſt er ſogar notwendig zum Beſtande der Geſellſchaft des Menſchenvereins. Der Hund iſt das einzige Tier, wel<hes dem Menſchen über den ganzen Erdboden gefolgt iſt.“

Der Hund iſ wohl würdig, daß ih ihn ausführlich behandle und troß ſeiner ſcheinbaren Allbekanntſchaft hier ſehr mit Luſt und Liebe ſeiner gedenke. Soweit ſi<h das Menſchengeſhle<t ausgedehnt hat, findet man auc ihn, und ſelbſt die armſeligſten, ungeſittetſten und ungebildetſten Völker haben ihn zu ihrem Genoſſen, Freunde und Verteidiger. Aber weder Sage noh Forſchung hat uns bisher über ſeine Vorfahren genügenden Aufſ<hluß gegeben: über die Abſtammung des wichtigſten aller Haustiere gehen die Anſichten noch weit auseinander. Es gibt kein anderes Tier, über welches ſo viele Mutmaßungen, ſo viele Annahmen ausgeſprochen ſind.

„Vill man den Haushund“, ſagt Blaſius, „als Art von den übrigen Wölfen trennen, ſo gibt es noch jeßt keine beſſeren Merkmale als der links gekrümmte Schwanz, wie es Linné angibt. Das naturgeſchichtliche Schi>kſal des Hundes gleiht dem des Menſchen. Daß der Hund ſih dem Herrn der Erde ganz unterworfen und angeeignet hat, iſt von Folgen geweſen, wie wir ihresgleihen in der Tierwelt nicht finden. Das Vorhandenſein des Hundes iſt mit dem des Menſchen ſo eng verſhmolzen, der Hund hat ſih, wie der Menſch, den mannigfaltigſten und gegenſäßlichſten Natureinflüſſen in einem ſolhen Maße unterwerfen müſſen, um den ganzen Erdkreis erobern und beherrſchen zu helfen, daß von ſeinem urſprünglichen Naturzuſtande wie von dem des Menſchen nur willkürliche Vermutungen uns Kunde geben können. Doch gilt dies bloß von ſeinen leiblichen Eigentümlichkeiten. Über ſein geiſtiges Weſen können die Stimmen nicht geteilt ſein. Der Hund iſt nah