Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

76 Vierte Ordnung: Raubtiere; fünfte Familie: Hunde.

Rawlinſon, noch jetzt dort eingeführt werden. Auf den ägyptiſchen Denkmälern der 4.—12. Dynaſtie, das iſt von ungefähr 3400—2100 v. Chr., werden, wie ih aus den Prachtwerken von Lepſius und Roſſellini erſehe, verſchiedene Hunderaſſen dargeſtellt, von denen die meiſten den Windſpielen verwandt ſind. Später tritt ein dem Parforcehund ähnlicher Hund mit hängenden Dhren, aber mit längerem Rü>en und ſpißigerem Kopfe dazu, und ebenſo findet ſih ein der jeßt lebenden Spielart ſehr ähnlicher Dahshund mit kurzen, krummen Beinen. Dieſe Art Mißbildung iſt bei verſchiedenen Tieren aber ſo häufig, daß es Vorurteil ſein würde, den Hund der ägyptiſchen Denkmäler als den Stammvater aller unſerer Dahshunde zu betrachten, um ſo mehr, als Sykes einen indiſchen Pariahund beſchrieben hat, welher denſelben Charakter zeigt. Der älteſte auf den ägyptiſchen Denkmälern abgebildete Hund, einer der ſonderbarſten von allen, gleiht einem Windſpiele, hat aber lange, ſpitze Ohren und einen kurzen, gekrümmten Shwanz. Eine nahe verwandte Spielart lebt noch jegt in Nordafriïa, der arabiſche Eberhund, von welhem Harcourt angibt, daß er ein ausgezeihnet hieroglyphiſches Tier ſei, ein ſolches, mit dem einſt Cheovs jagte, und einigermaßen dem zottigen ſchottiſchen Hirſhhunde gleiche. Mit dieſer älteſten Spielart lebte gleihzeitig ein dem Pariahunde ähnliches Tier. Wir ſehen hieraus, daß vor 400—500 Jahren verſchiedene Raſſen von Hunden lebten und zwar Pariahunde, Windſpiele, gewöhnliche Parforcehunde, Doggen, Haus-, Shoß- und Dachshunde, welche mehr oder weniger unſeren jeßigen Raſſen glichen. Doh haben wir keinen hinreihenden Beweis, anzunehmen, daß irgend einer dieſer alten Hunde mit den unſerigen vollkommen gleichartig ſei. Solange man annahm, daß ‘der Menſch nur etwa 6000 Jahre auf der Erde lebte, war dieſe Thatjache von der großen Verſchiedenheit der Raſſen in einer ſo frühen Zeit ein wichtiger Beweis dafür, daß dieſelben von verſchiedenen wilden Stammeltern herrührten; ſeitdem wir aber wiſſen, daß der Menſch eine unvergleihlih längere Zeit gelebt hat, und indem wir im Auge behalten, daß ſelbſt die ungeſittetſten Völkerſchaften Haushunde beſißen, verliert dieſer Beweis viel an Gewicht.

„Jn Europa wurde der Hund lange vor der Zeit irgend welcher geſchichtlichen Urkunde gefangen gehalten. Die Knochen eines hundeartigen Tieres, welche in den däniſhen Küchenabfällen der neueren Steinzeit gefunden wurden, gehörten, nah Steenſtrup, wahrſcheinlih einem Haushunde an. Dieſem alten Hunde folgten während der Bronzezeit eine “ größere, etwas verſchiedene und leßterem wiederum während der Eiſenzeit eine noh größere Art oder Raſſe. Ein in der Schweiz während der neuen Steinzeit lebender, mittelgroßer gezähmter Hund ſtand, wie Rütimeyer angibt, nah ſeinem Schädel zu ſchließen, ziemlih gleihweit von dem Wolfe und Schakale entfernt und zeigte gewiſſe Kennzeichen unſerer Fagdund Wachtelhunde. Während der Bronzezeit erſchien ein großer Hund, welcher, nath ſeinen Kinnladen zu urteilen, einem Hunde von demſe!ben Alter in Dänemark glih. Schmerling fand Überbleibſel zweier Hunderaſſen unbeſtimmbaren Alters in einer Höhle.

„Man nimmt an, daß die Aufeinanderfolge verſchiedener Hunderaſſen in der Schweiz und in Dänemark von der Einwanderung erobernder Stämme herrühre, welche ihre Hunde mitbrachten, und dieſe Anſicht ſtimmt auch mit der Meinung überein, daß verſchiedene wilde, hundeartige Tiere in verſchiedenen Gegenden gezähmt worden ſeien. Unabhängig von der Einwanderung neuer Stämme ſehen wir aus dem weitverbreiteten Vorkommen von Bronze, daß viel Verkehr in Europa beſtanden haben muß, und dürfen ſ{hließen, daß wahrſcheinlih auh Hunde mit vertauſcht worden ſind. Jn der Gegenwart gelten die Taruma=-{Fndianer unter den wilden Stämmen des Jnnern von Guayana für die beſten Hundezüchter. Sie beſißen eine große Raſſe, welche ſie zu hohen Preiſen anderen Stämmen vertauſchen.

„Der wichtigſte Beweisgrund zu gunſten der Anſicht, daß die verſchiedenen Raſſen des Hundes von beſtimmten wilden Stämmen herrühren, iſt die Ähnlichkeit, welche ſie in