Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Darwin: Über den Urſprung der Haushunde. : Ti

verſchiedenen Gegenden mit den hier no< wild lebenden Arten beſißen. Zwar muß man zugeben, daß die Vergleichung zwiſchen den wilden und gezähmten Hunden nur in wenigen Fällen mit hinreichender Genauigkeit gema<t worden iſt; doh hat man auch von vornherein feine Shwierigkeit, anzunehmen, verſchiedene Hundearten ſeien gezähmt worden. Glieder der Hundefamilie bewohnen faſt die ganze Erde, und mehrere Arten ſtimmen in Bau und Leben8art mit unſeren verſchiedenen gezähmten Hunden ziemlih überein. Wilde halten und zähmen Tiere aller Art, geſellig lebende Tiere wie die Hunde ſelbſtverſtändlich am leichteſten. In einer früheren Zeit, in welcher der Menſch zuerſt das Land betrat, hatten die dort lebenden Tiere keine angeborene oder ererbte Furcht vor ihm und ließen ſi folglih wahrſcheinlich bei weitem leichter als jeßt zähmen. Als die Falklandinſeln zuerſt von Menſchen beſucht wurden, fam der große Falklandwolf (Canis antareticus) ohne Furt zu Byrons Matroſen, welche die Neugier für Wildheit hielten und flohen. Selbſt in der Neuzeit kann ein Menſch, welcher in der einen Hand ein Stü> Fleiſch, in der anderen ein Meſſer hält, gedachte Wölfe no< zuweilen erſtehen. Auf den Schildkröteninſeln ſtieß ih mit der Spiße meiner Flinte Falken von einem Zweige herunter und hielt einen Eimer Waſſer anderen Vögeln hin, welche ſih darauf ſeßten und tranken. Von großer Bedeutung iſt ferner, daß verſchiedene Arten von Hunden keinen Widerwillen haben oder Schwierigkeiten darbieten, ſih in Gefangenſchaft fortzupflanzen. Gerade die Unfähigkeit aber, in der Gefangenſchaft ſich fortzupflanzen, iſt eines der bedeutſamſten Hinderniſſe für die Zähmung. Die Wilden legen Hunden außerordentlichen Wert bei, und ſelbſt halbgezähmte Tiere ſind ihnen von großem Nuten. Fndianer Nordamerikas kreuzen ihre halbwilden Hunde mit Wölfen, um ſie zwar noch wilder als vorher, aber au< kühner zu machen. Die Wilden von Guayana fangen die Jungen von zwei wilden Hundearten, um ſie einigermaßen zu zähmen und zu benugßen, wie es die Eingeborenen Auſtraliens mit denen des verwilderten Dingo thun. King teilte mir mit, daß er einmal einen jungen wilden Dingo abrichtete, Rindvieh zu hüten, und das Tier ſehr nüglih fand. Aus dieſen verſchiedenen Angaben geht hervor, daß man dreiſt annehmen darf, der Menſch habe in verſchiedenen Ländern verſchiedene Arten von Hunden gezähmt. Es würde ſogar eine eigentümliche Erſcheinung ſein, wenn auf der ganzen Erde nur eine einzige Art gezähmt worden wäre.

„Gehen wir nun auf Einzelheiten ein. Der genau beobachtende und ſcharfſinnige Ri<ardſon bemerkt, daß die Ähnlichkeit zwiſchen den Wechſel- oder Falbwölfen und den Haushunden der Jndianer ungemein groß ſei und nur die Größe und Stärke des Wolfes der einzige Unterſchied zu ſein ſcheine. „Mehr als einmal“, ſagt er, „habe ih ein Nudel Wölfe für die Hunde eines Trupps Jndianer gehalten; denn auh das Geheul der Tiere beider Arten wird ſo genau mit denſelben Lauten hervorgebracht, daß ſelbſt das geübte Dhr der Indianer ſi zuweilen täuſchen läßt.“ Richardſon fügt hinzu, daß die nördlicheren ESsfimohunde nicht bloß dem grauen Wolfe des Polarkreiſes in Form und Farbe außerordentlih ähneln, ſondern ihm auch in der Größe beinahe gleichen. Kane hat in dem Geſpanne ſeiner Shlittenhunde öfter das ſ<räge Auge, ein Merkmal, auf welches einige Tierkundige viel Gewicht legen, den herabhängenden Schwanz und den ſcheuen Blik des Wolfes geſehen. Nach Hayes weichen die Eskimohunde wenig von den Wölfen ab, ſind keiner Anhänglichfeit an den Menſchen fähig und ſo wild, daß ſie bei argem Hunger ſelbſt ihren Herrn anfallen. Sie verwildern leicht, und ihre Verwandtſchaft mit den Wölfen iſt eine ſo innige, daß ſie ſich oft mit ihnen kreuzen; auh nehmen die Jndianer junge Wölfe, um die Zucht ihrer Hunde zu verbeſſern. Solche Falbwölfe können zuweilen, wenn auch ſelten, gezähmt werden. Vor dem zweiten oder dritten Geſchlechte geſchieht dies nie. Hayes meint von dieſen Hunden, daß ſie ohne Zweifel verbeſſerte Wölfe ſeien. Jedenfalls bekunden die angeführten Thatſachen, daß Eskimohunde und Wölfe ſich fruchtbar kreuzen müſſen; denn ſonſt