Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Tigerpferde: Verbreitung. Geſelligkeit. Herdenleben. 83

Die Tigerpferde leben geſellig. Gewöhnlich ſieht man wohl 10—30 Stück vereinigt; vielfah wird aber au< von Geſellſchaften berichtet, welche Hunderte zählten und dann wahrſcheinli<h auf Wanderungen begriffen waren. Jmmer ſieht man jede einzelne Art für ſi allein. Vielleicht fürchtet ein Tigerpferd das verwandte; vor anderen Tieren aber ſcheut es ſih niht. So geben alle Beobachter übereinſtimmend an, daß man zwiſchen den Quaggaherden faſt regelmäßig Spring- und Buntbö>ke, Gnus und Strauße, aber auh Büffel findet. Zumal die Strauße ſollen die beſtändigen Begleiter gedachter Wildpferde ſein, jedenfalls deshalb, weil dieſe aus der Wachſamkeit und Vorſicht jener Rieſenvögel den beſten Vorteil zu ziehen wiſſen. Nah Harris vereinigt ſih das bunte Quagga ebenſo regelmäßig mit dem Kokun oder geſtreiſten Gnu wie das gewöhnliche Quagga mit dem Wildebeeſte oder Gnu; ja es ſcheint faſt, als ob eins der genannten Tiere ohne das andere ſih niht behaglich fühle. Derartige Freundſchaften gewiſſer Tiere mit ſcheueren, klügeren ſind nihts Seltenes. Die wachſamſten Mitglieder ſolcher gemiſchten Geſellſchaften geben dann immer den Ton an; ſolange ſie ſi< ruhig verhalten, bekümmern ſi die übrigen um nichts anderes als um ihre Ernährung oder ihren Zeitvertreib; ſobald jene ſtußig werden, erregen ſie die Aufmerkſamkeit der Geſamtheit, und wenn ſie die Flucht ergreifen, folgen ihnen alle nach.

Alle Tigerpferde ſind ungemein ſchnelle, flüchtige, wahſame und ſcheue Tiere. Sie jagen mit Windeseile dahin, über die Ebene ſowohl als über die Berge. Harris ſchilderte vor 50 Jahren ihr Auftreten und Gebaren in maleriſcher Weiſe. „Jm Norden des Oranjefluſſes“, ſo ungefähr drückt er ſih aus, „da, wo der Kokun ſeinen Verwandten, das Gnu, vertritt, lebt im innigſten Verbande mit jenem der Dauw, und zwar hier ſelten in ſhwächeren Herden als ſolchen, welche zwiſchen 80 und 100 Stü zählen. Schwexrlich kann man ſih ein ſhöneres Geſchöpf denken, als dieſes prachtvoll gezeichnete, kräftige, wilde, ſchnelle Kind der Steppe es iſt, und ſicherli<h vermag man kaum eine Vorſtellung von dem Eindrucke zu gewinnen, welchen dieſe ebenſo ſhönen wie lebhaften Tiere hervorrufen, wenn ſie im Vollgefühle ihrer Freiheit den heimiſchen Boden ſtampfen oder vor dem berittenen Verfolger in geſ<loſſener Reihe dahinjagen. Auf weithin vor dem Auge des Jägers erſtre>t ſich die ſandige Ebene, und bloß hier und da wird deren rotſhimmernder Grundton durch dunkle Fle>en fonnenverbrannten Graſes unterbrochen, ſpärlih nur beſchattet durch einzelne Beſtände federblätteriger Mimoſen und in weiteſter Ferne begrenzt dur die ſcharfen Linien im klaren Dufte ſ{<wimmender Berge. Fnmitten ſolcher Landſchaft erhebt ſih eine dichte Staubwolke und ſteigt, von keinem Lufthauche beirrt, wie eine Rauchſäule zum klaren, blauen Himmel auf. Einige Geier kreiſen über ihr. Näher und näher rollt ſie heran. Endlich werden dunkle, lebende Weſen, welche ſi in ihr wie tanzend zu bewegen ſcheinen, von Zeit zu Zeit, immer nur auf Augenbli>e, ſichtbar. Vom Dunkel ſich löſend, erglänzen prachtvoll und ſeltſam gefärbte und gezeichnete Tiere im Strahle der Sonne: und heran ſprengt, den Bauch auf der Erde, unter dröhnenden Hufſchlägen, als ob ein Reiterregiment vorübereile, ein Trupp Tigerpferde, der Vortrab einer geſchloſſenen, in gedrängter Reihe dahinſtürmenden Herde. Jn ungeordneter Eile jagen ſie dahin, Hälſe und Schweife gehoben, Na>en an Nacen mit ihren abſonderlichen, ſtreifigen, wiederkäuenden Genoſſen. Jetzt ſ{hwenkt und hält der Trupp einen Augenbli>, um zu ſichern. Langſamen Ganges, die Nüſtern geweitet. die Mähne geſträubt, mit dem Schweife die Flanken peitſchend, tritt ein kräftiger Hengſt einige Schritte vor, erkennt den Jäger, ſ<hnaubt heftig und ſpringt zur Herde zurück: und dahin eilt dieſe von neuem, wiehernd und die geſtreiften Köpfe ſhüttelnd. Ein anderer Halt und neues Sichern. Die kleinen Pferdeohren böswillig nach hinten gelegt, verläßt jeßt eine flüchtige Stute die Reihe, naht, nicht ohne vorher noch ihre behenden Hufe gegen die Nippen eines ihrer Bewunderer zu werfen, deſſen Mutwille ihn verleitet hatte, eine verlo>ende Gelegenheit wahrzunehmen und ihr einen Liebesbiß beizubringen. Und mit frohlo>endem

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