Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

86 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; erſte Familie: Pferde.

und ſchien mit ihrem Verhalten zufrieden zu ſein. Eines Tages kam er auf den Gedanken, die hübſchen Haustiere vor ſeinen Wagen zu ſpannen. Er ſelbſt nahm die Zügel und fuhr init den Rennern davon. Die Fahrt mußte ſehr raſh gegangen ſein; denn nah geraumer Zeit befand ſi der glüliche Zebrabeſißer in dem gewohnten Stalle ſeiner Tiere wieder, ſeinen Wagen zerſchellt neben ſi<. Ein anderes junges Zebra war in ſeiner Jugend ſorgfältig gewartet, ſpäter aber wieder vernachläſſigt worden, und ſo änderte ſi<h denn auch ſeine frühere Sanftmut und Gelehrigkeit in Falſchheit um. Dennoch wollte es ein kühner Reiter verſuchen, dieſes Tier zu bändigen. Kaum hatte er ſi< ihm auf den Rücken geſ{hwungen, ſo ſlug es mit großem Ungeſtüme mit den Hinterbeinen aus, ſtürzte zuſammen und blieb mit dem Reiter auf dem Boden liegen. Plößlich raffte es ſich wieder auf, ſprang von einem hohen Flußufer ins Waſſer und ſchüttelte dort den Reiter ab; doch dieſer hielt ſich am Zügel feſt und wurde von dem Zebra, welches dem Ufer zuſhwamm, wieder glü>li< auf das feſte Land gezogen. Hier aber empfing ex eine Belehrung von den Anſichten ſeines Neittieres, welche er höchſt wahrſcheinlich nie wieder vergeſſen hat. Das Zebra wandte ſich plöglich um, fuhr mit dem Kopfe nach dem Geſichte ſeines Bändigers und biß ihm ein Ohr ab.

Dieſe und andere ähnliche Verſuche haben die Anſiedler am Kap ſtußig und ſie glauben gemacht, daß die Zähmung der Tigerpferde unmöglich wäre; alle verſtändigen Beobachter aber zweifeln niht daran, daß wir doh noch die bunten Pferde mit der Zeit zu unſerem Dienſte verwenden werden. Barrow behauptet, daß der Erfolg ſicher ſein müſſe, wenn man mit mehr Geduld und Umſicht als die holländiſhen Bauern am Kap zu Werke gehen und niht vergeſſen wolle, daß ein von Natur ſtolzes und mutiges Tier eine andere Behandlung verlangt als ein fur<tſames, daß jenes dur<h Schläge und Mißhandlungen wohl zum hartnä>igſten Widerſtande, niht aber zur demütigen Unterwerfung gebraht werden könne. Allerdings ſcheint die Zähmung nicht leiht zu ſein, ſie iſt aber möglih. Dem berühmten Pferdebändiger Rarey haben die Zebras ungleih mehr Mühe gemacht als die wildeſten Pferde; allein ſeine Bemühungen wurden zuleßt doh von Erfolg gekrönt. Auch Cuvier berihtet von einer Zebraſtute des Pariſer Pflanzengartens, welche höchſt gelehrig und ſo ſanſt war, daß man ſie reiten konnte. Die großartigen Anſtalten der Neuzeit für Einführung und Einbürgerung nüßlicher Tiere geben uns ganz andere Hilfsmittel zur Hand, als unſere Vorfahren ſie beſaßen. Man wird in den Tiergärten mehr und mehr dieſer Tiere züchten und bei den in der Gefangenſchaft geborenen Nachkommen ſchon halbgezähmter Tigerpferde ſicherlih das erreichen, was man bei den wilden, friſhgefangenen vergeblich anſtrebte. Auch in dieſem Falle wird Beharrlichkeit zum Ziele führen.

Alle Tigerpferde ertragen die Gefangenſchaft in Europa ohne Beſchwerde. Wenn ſie ihr gutes Futter erhalten, befinden ſie ſi< wohl, und wenn man ſie gut behandelt, pflanzen ſie ſich au< in engerer Gefangenſchaft fort. Weinland hat in der früher von ihm, jett von Noll herausgegebenen Zeitſchrift „Der zoologiſche Garten“ eine Zuſammenſtellung der Tiere gegeben, welche in der Gefangenſchaft Nachkommen erzeugten. Aus dieſer Aufſtellung erſehen wir, daß die Tigerpferde niht allein mit ihresgleichen, ſondern au<h mit anderen Einhufern ſi< fruchtbar vermiſchen. Schon Buffon erklärte ſolche Kreuzungen für mögli; die von ihm angeſtellten Verſuche blieben aber erfolglos. Lord Clive wiederholte ſie und war glü>licher: er hatte die Zebraſtute mit einem zebraartig angemalten Eſelhengſte zujammengebraht. Später erhielt man in Paris ohne alle derartige Vorbereitung von einem ſpaniſchen Eſel und einer Zebraſtute einen wohlgebildeten Blendling, welcher leider dem Vater mehr ähnelte als der Mutter und ſih zudem höchſt ungelehrig erwies. Jn Ftalien kreuzten ſi<h Eſel und Zebra im Jahre 1801, in Schönbrunn beide Tiere zweimal in den vierziger Jahren; leider blieben dieſe Baſtarde nicht lange am Leben. Später dehnte man die Kreuzungen noh weiter aus, und ſo hat man bis jet ſchon folgende Blendlinge erhalten: