Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

92 Zehnte Drdnung: Unpaarzeher; zweite Familie: Tapire.

verlaufen vier ununterbrochene Punktreihen von lihter Färbung, welche ſih auch über die Glieder erſtre>en. Mit zunehmendem Alter verlängern ſich dieſe Fle>en ſtreifenförmig, und nah Ende des zweiten Jahres verſchwinden ſie gänzlih. Nach Tſhudis Meſſungen kann der Tapir bis 2m Länge und 1,7 m Höhe erreichen, na< Kappler beträgt aber ſeine Schulterhöhe bei dieſer Länge kaum 1 m. Auffallenderweiſe kommen dieſe Maße nicht dem männlichen, ſondern dem weiblichen Tiere zu, welches regelmäßig größer zu ſein pflegt.

Nach den neueren Unterſuchungen ſcheint ſi< das Vaterland des Tapirs auf den Süden und Oſten Südamerikas zu beſchränken und ex im Norden und Weſten der Südhälfte ſowie in Mittelamerika dur< ihm zwar innig verwandte, jedo<h wohl unterſchiedene Arten erſeßt zu werden, auf welche wir niht näher eingehen wollen.

Einer Lebensbeſchreibung der Tapire müſſen wir die Mitteilungen zu Grunde legen, welche wir von Azara, Rengger, dem Prinzen von Wied, Tſchudi, Shomburgf und anderen über die amerikaniſchen Arten erhalten haben; denn über das Leben des Schabractentapirs fehlen ausführliche Berichte. Alle Arten ſind ſich übrigens ſo ähnlich, daß es genügt, wenn man das Leben und Treiben des einen vorzugsweiſe berücfſichtigt.

Alle Tapire halten ſi< im Walde auf und vermeiden ängſtli<h Blößen oder offene Stellen desſelben. Sie ſind es daher auh, welche dem vordringenden Menſchen am erſten weichen und ſi vor ihm tiefer in die Wälder zurückziehen, während, wie Henſel von Südamerika ſagt, die übrige Tierwelt der Wendekreiſe im Gegenteile nah den urbar gemachten Stellen des Waldes ſi< hindrängt. Jn den Dickichten der ſüdamerikaniſ<hen Waldungen treten die Tapire regelmäßige Pfade aus, welche ſi<h von den Wegen der Fndianer {wer unterſcheiden laſſen und den Ungeübten leicht verlo>en, ihnen zu ſeinem Schaden zu folgen. Dieſe Wildbahnen benugen die Tiere, ſolange ſie niht geſtört werden; geängſtigt dagegen brechen ſie ohne irgendwie bemerklihe Anſtrengung dur<h das verſhlungenſte Dickicht.

Die Tapire ſind vorzugsweiſe Dämmerungstiere. „Wir haben“, ſagt Tſhudi, „monatelang die dihten Urwälder, in denen Scharen von Tapiren leben, durhſtrichen, ohne je einen im Laufe des Tages zu ſehen. Sie ſcheinen ſi< dann nur im dihten Gebüſche, an den fühlen, ſchattigen Pläßen aufzuhalten, am liebſten in der Nähe von ſtehendem Waſſer, in welchem ſie gern ſih wälzen.“ Fn gänzlih ungeſtörten und ſehr dunkeln Wäldern hingegen ſtreifen ſie, wie der Prinz von Wied verſichert, auh bei Tage umher, und dasſelbe berichtet auh Kappler, der ausdrüdlih anführt daß er während des Tages den Tieren oft im Walde begegnet ſei und ſie au< Gewäſſer kreuzen ſah. Fm Sonnenſchein freilih bewegen ſie ſich höchſt ungern, und während der eigentlihen Mittagsſtunden ſuchen ſie ſtets im Schatten des Dikichts Schuß gegen die erſchlaffende Hiße und noh mehr gegen die ſie im hohen Grade peinigenden Mücken. „Wenn man“, ſagt der Prinz von Wied, „am frühen Morgen oder am Abend leiſe und ohne Geräuſch die Flüſſe beſchiſſt, bekommt man häufig Tapire zu ſehen, wie ſie ſi<h baden, um ſi< zu kühlen oder um ſih vor den Stechfliegen zu ſhüßen. Wirklich weiß kein Tier ſich beſſer gegen dieſe läſtigen Gäſte zu ſichern als der Tapir; denn eine jede Shlammpfüße, ein jeder Bach oder Teich wird von ihm aus dieſer Urſache aufgeſucht und benußt. Daher findet man auch oft ſeine Haut mit Erde und Shlamm bede>t, wenn ex erlegt wird.“ Gegen Abend gehen die Tapire ihrer Nahrung nah, und Dabrſheinlih ſind ſie während der Nacht fortwährend in Bewegung. Sie bekunden in ihrer Lebensweiſe Ähnlichkeit mit unſerem Wildſchweine, halten ſich jedo<h nicht in ſo ſtarken Rudeln wie dieſes, ſondern leben, nah Art des Nashornes, mehr einzeln. Namentlich die Männchen ſollen ein einſiedleriſches Leben führen und bloß zur Paarungszeit ſih zu den Weibchen geſellen. Familien trifft man höchſt ſelten an, und Geſellſchaften von mehr als drei Stü>en ſind bis jezt nur da beobachtet worden, wo eine beſonders gute, fette Weide zufällig verſchiedene Tapire vereinigt hat.