Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Schabracentapir und Anta: Lebensweiſe. Sinne. Stimme. 93

Jn ihren Bewegungen erinnern die Tapire an die Shweine. Der Gang iſt langſam und bedächtig: ein Bein wird gemählih vor das andere geſebßt, der Kopf dabei zur Erde herabgebogen, und nur der beſtändig ſih hin- und herdrehende, \{<nüffelnde Rüſſel ſowie die fortwährend ſpielenden Ohren beleben die ſonſt äußerſt träge erſcheinende Geſtalt. So geht der Tapir ruhig ſeines Weges dahin. Der geringſte Verdacht aber macht ihn ſtußen; Rüſſel und Ohren drehen und bewegen ſi kurze Zeit fieberiſh ſ{<nell, und plöblich fällt das Tier in eilige Flucht. Es beugt den Kopf tief zur Erde herab und ſtürzt in gerader Richtung blindlings vorwärts, dur das Dickicht ebenſo raſh wie dur Sumpf oder Waſſer. „Begegnet man“, ſagt der Prinz von Wied, „zufällig einem ſolhen Tiere im Walde, ſo pflegt es heftig zu erſhre>en und {nell mit großem Geräuſche zu entfliehen. Auf eine kurze Entfernung iſ es ziemlih flüchtig; doh kann es einem raſchen Hunde nicht entgehen und pflegt ſi< bald vor dieſem zu ſtellen.“ Der Tapir iſt ein vortrefflicher Schwimmer und ein noch vorzüglicherer Taucher, welcher ohne Beſinnen über die breiteſten Flüſſe ſebt, ſolches auh nicht allein auf der Flucht, ſondern bei jeder Gelegenheit thut. Dies iſt früher bezweifelt worden; alle neueren Beobachter aber ſtimmen darin vollſtändig überein. „Mit dem erſten Morgengrauen“, ſo ſchildert Keller-Leuzin ger das Gebaren des Tapirs, „ſchreitet er auf tief eingetretenen Pfaden gewichtig nah dem Fluſſe, um zu baden, und oft überraſten wir beim Umfahren einer ſcharfen Uferkrümmung den ruhig bis an den Hals im Waſſer ſizenden Dihäuter. Er ſchwimmt und taucht mit erſtaunlicher Fertigkeit, und nicht ſowohl Bedürfnis einer Kühlung nach erhißender , toller Flucht, als das Gefühl größerer Überlegenheit im naſſen Elemente mag es ſein, das ihn dazu treibt, vor den verfolgenden Hunden zuleßt immer den Weg nah dem Fluſſe zu nehmen.“ Wahrſcheinlih läuft der Tapix, wie das Flußpferd, auh längere Zeit auf dem Grunde der Gewäſſer hin; wenigſtens beobachtete man dies an dem gefangenen Schabra>entapire zu Barra>pux , welchen man oft in dieſer Weiſe ſein Waſſerbe>en dur<hſchreiten ſah, während er hier niemals wirkli<h ſ{wamm.

Unter den Sinnen des Tapirs ſtehen Geruch und Gehör entſchieden obenan und wahrſcheinlih auf gleicher Stufe; das Geſicht hingegen iſt <wa<. Über den Geſchmack iſt {wer ein Urteil zu fällen; do< habe ih an gefangenen beobachtet , daß ſie zwiſchen den Nahrungsmitteln ſehr ſcharf zu unterſcheiden wiſſen und beſondere Le>erbiſſen wohl zu würdigen verſtehen. Das Gefühl bekundet ſih als Taſtſinn und als Empfindung. Der Rüſſel iſt ein ſehr feines Taſtwerkzeug und findet als ſolches vielfache Verwendung. Gefühl beweiſt der Tapir nicht bloß dur< ſeine Furcht vor den Sonnenſtrahlen und Mücken , ſondern auh dur Kundgeben einer erſichtlichen Behaglichkeit, wenn ſeine Haut an irgend einer Stelle des Leibes gekraut wird. Meine Gefangenen legten ſich, wenn ſie gebürſtet oder abgerieben wurden , ſofort nieder und zeigten ſi< dabei willig wie ein Kind, ließen ſi< nach allen Seiten hin drehen und wenden, ja au zum Auſſtehen bringen, je nahdem man die Bürſte an dieſer odex jener Stelle des Leibes in Anwendung brachte.

Die Stimme iſt ein eigentümliches, ſ<hrillendes Pfeifen, welches, wie Azara ſagt, in gar feinem Verhältnis zu dem großen Körper des Tieres ſteht. Derſelbe Naturforſcher behauptet, daß man es von dem frei lebenden Tapir nur während der Paarungszeit vernehme, und Shomburgk glaubt, daß es bloß von jungen Tieren ausgeſtoßen werde. Beides iſt falſch; gefangene wenigſtens laſſen dieſes Pfeifen auh außer der Paarungszeit vernehmen, und zwar der Schabra>entapir ebenſo gut wie der amerikaniſhe. Von dem erſtgenannten hört man, wenn man ihn ſtört, noh ein ärgerlihes Shnauben, welches mit Worten niht beſchrieben werden kann.

Alle Tapire ſcheinen gutmütige, fur<htſame und friedliche Geſellen zu ſein, welche nur im höchſten Notfalle von ihren Waffen Gebrau<h machen, Sie fliehen vor jedem Feinde,