Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Hausziegen: Mamber-, Nil- und Zwergziege. 205

gleihmäßige, meiſt lebhaft rotbraune, an den Schenkeln mehr ins Gelbliche ziehende Färbung ſind anderweitige Merkmale dieſer Raſſe. Schiefergraue oder gefle>te Nilziegen gehören zu den ſelteneren Erſcheinungen. Die Fle>en ſind gewöhnlich dur< annähernd kreisrunde Geſtalt ausgezeihnet und heller als die Grundfarbe.

Das Tier wird im unteren Nilthale allgemein gezüchtet und reiht bis Mittelnubien herauf, von wo ab eine andere Raſſe an ſeine Stelle tritt.

Dieſe, die Zwergziege (Capra hircus reversa), ein Tier von höchſtens 70 em Länge, 50 ecm Höhe am Widerriſte und nicht über 25 kg Gewicht, gehört zu den anmutigſten Erſcheinungen der ganzen Gruppe. Jhr auf kurzen und ſtarken Beinen ruhender Leib iſt gedrungen; der verhältnismäßig breite Kopf trägt bei beiden Geſchlechtern kurze, kaum fingerlange Hörner, welche ſi<h von der Wurzel an ſanft nah rü> und auswärts biegen und im oberen Dritteil wieder hwa< na<h vorwärts krümmen. Die ziemlich kurze, aber dite Behaarung zeigt gewöhnlich dunkle Färbungen: Shwarz und Rötlichfahl gemiſcht, ſind vorherrſchend. Oft iſt der ganze Leib auf dunklem Grunde weiß gefle>t oder getupſt. Der Schädel, der Hinterkopf, der Naſenrücken und ein Streifen, welcher ſich über den Rücken hinwegzieht, ſind gewöhnlih ſhwarz, die Seiten weißli<hfahl. Von der Kehle zieht ſich eine ſ<warze Binde bis zur Bruſt herab, wo ſie ſi teilt und über die Schultern weg bis zum Widerriſte verläuft. Die Unter- und Fnnenſeite iſt ſhwarz bis auf eine breite weiße Binde, welche über die Mitte des Bauches verläuft. Rötliche, gelbbraune und ganz ſ{hwarze Zwergziegen kommen ſelten vor.

Vielleicht dürfen wir als Heimatskreis dieſer Raſſe alle Länder annehmen, welche zwihen dem Weißen Fluſſe und dem Niger liegen. An dem erſtgenannten Strome begegnete ih ihr in großer Anzahl; S<hweinfurth fand ſie und andere ihr nahe ſtehende, offenbar in denſelben Formenkreis gehörige Raſſen bis Fnnerafrika verbreitet; zweifellos gehen ſie auc bis in die weſtlihen Küſtengebiete.

Wegen des von allen Völkern anerkannten Nußens bewohnen die Hausziegen gegenwärtig faſt die ganze Erde, finden ſih wenigſtens bei allen Völkern, welche ein nur einigermaßen geregeltes Leben führen, gewiß. Sie leben unter den verſchiedenſten Verhältniſſen, größtenteils allerdings als freie Herdentiere, welche bei Tage ſo ziemlich eigenmächtig ihrer Weide nachgehen, na<hts aber unter Aufſicht des Menſchen gehalten werden. Verwilderte Ziegen kommen wohl nur hier und da in den ſüdaſiatiſ<hen Gebirgen und auf einzelnen fleinen Eilanden des Mittelmeeres vor, ſo auf der Jnſel Tavolara bei Sardinien, woſelbſt La Marmora ſolche beobachtete und erlegte. Wie er mitteilt, gibt es ebenſowohl weiße, ſ<hwarze und gefle>te wie rotbraune Stücke unter dieſen ohne allen Schuß und jede Bevormundung des Menſchen lebenden, dur ihre gewaltigen Hörner ſehr ausgezeihneten und auffallenden Ziegen; es unterliegt daher keinem Zweifel, daß man es nicht mit wilden, ſondern nur mit verwilderten zu thun hat.

Die vielberufenen Ziegen der Robinſoninſel im Stillen Ozeane (auf welcher ſih fünf: oder ſe<8mal Robinſonaden, darunter die berühmteſte, die Defoes Buch behandelt, abgeſpielt haben) ſtammen von einigen Stücken ab, welche der Entdecker der Jnſel, Juan Fernandez, im Fahre 1563 daſelbſt ausſebte. Dieſe Ziegen vermehrten ſich in ihrer neuen, ihnen ſehr zuſagenden gebirgigen Heimat ganz außerordentlich; da ſie aber den gelegentlich landenden Feinden der Spanier willkommene Beute zur Verſorgung der Schiffsmannſchaften waren, jeßten die Spanier, um die Ziegen zu vertilgen, Hunde auf der Fnſel aus. Dieſe hatten auh bedeutend unter ihnen aufgeräumt, denn Lord Anſon, der im Jahre 1741 mit der fürchterlih vom Skorbut befallenen Bemannung ſeines Geſchwaders vom Juni bis September