Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Hausziegen. Halbziegen: Tahr. 2

gedreht. Die Hörner fallen den Drechslern, im Morgenlande und bei vielen ſogenannten wilden Völkerſchaften dem Heilkundigen anheim, welcher ſie als Schröpfköpfe zu verwenden pflegt. So nüßt alſo das vortreffliche Tier im Leben wie im Tode.

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Als Vertreter der Halbziegen (Hemitragus) gilt der Tahr, wie ſein Entde>er, Hamilton Smith, ihn nannte. Die Eigentümlichkeiten der Untergattung liegen in den ſeitlih zuſammengedrü>ten, vorn gekanteten Hörnern, welche bei dem Männchen drei- oder vierſeitig und mit ringelartigen Querwülſten bede>t beim Weibchen aber mehr gerundet und gerunzelt ſind, in der kleinen, na>ten Naſenkuppe und den vier Ziben des Weibchens.

Der Tahr, um Simla Tehr oder Jehxr, in Nepal Fharal, in Kaſhmir Kras und Jagla genannt (Capra jemlaica, Hemitragus jemlaicus), iſt ein ſ<hönes, großes Tier von 1,8 m Leibes-, 9 cm Schwanzlänge und 87 cm Höhe am Widerriſte; Sterndale gibt die Schulterhöhe des Männchens ſogar zu 90—100 cm an. Hinſichtlich ſeines Leibesbaues iſt er eine ete Ziege; denn auch die Hörner, auf denen ſeine Sonderſtellung beruhen ſoll, unterſcheiden ſih niht erheblich von denen anderer Mitglieder ſeiner Gattung. Sie ſtehen ziemlih ho< über den Augen und ſtoßen am Grunde beinahe zuſammen, erheben ſich in ſchiefer Nichtung, faſt an den Scheitel angepreßt, nach rücwärts weihen nah außen voneinander ab und drehen ſi im legten Drittel ihrer Länge wieder nach ein- und abwärts mit der Spige aber no<hmals nach außen; ſie haben einen dreie>igen Querſchnitt ſind mit einer ſcharfen Kante nah vorn gerichtet und werden etwa 60 cm lang; die des Weibchens bleiben viel kleiner. Die aus längeren, groben Grannen und ſehr zartem, feinem Wollhaare beſtehende Bekleidung iſt am ganzen Leibe reihlih, an manchen Teilen aber auffallend verlängert. Das Geſicht, die Unterſeite des Kopfes und die Füße ſind kurz behaart, der Hals die Vorderſchenkel und die hinteren Seiten bekleidet mit einer etwa 30 cm langen Mähne, welche jedo< bei dem Weibchen nur angedeutet iſt. Beiden Geſchlechtern fehlt der Bart. Wie man an dem Boe im Londoner Tiergarten beobachtete, unterſcheiden ſi< Sommerund Wintertracht niht unerhebli<h. Mit dem Alter nimmt die Länge der Mähne auffallend zu, und ebenſo ändert ſi<h die Färbung. Alte Männchen ſind weißlih fahlbraun, an einzelnen Stellen dunkelbraun; ein ſ{hwarzer, breiter Längsſtreifen zieht ſih über die Stirne bis an das Shnauzenende hin und läuft hinten über den ganzen Rücken bis zur Shwanz[pibe fort. Jüngere Männchen und Weibchen ſind dunkelbraun und ihre Beine, mit Ausnahme eines lichteren Streifens auf der Hinterſeite, faſt ſchwarz. Nicht ſelten iſt die vorherrſchende Färbung aber auch ein fahles Schiefergrau, in welches ſih an den Seiten Noſtrot einmiſcht. Die Stirn, die Oberſeite des Halſes und Rückens ſind rot oder dunkelbraun, die Kehle, die Unterſeite des Halſes, der mittlere Teil des Bauches und die Jnnenſeite der Gliedmaßen \{<mugig gelb, ſchiefergrau überflogen. Ein roter oder dunkelbrauner Streifen zieht ſich erſt ringartig um das Auge und läuft dann ſeitlich bis zum Maule herab, wo er, ſich verbreiternd, erblaßt; ein ähnlicher Fle>en ſteht an der unteren Kinnlade. Hörner und Hufe ſind grauli<ſ<warz. Unſere Abbildung ſtellt einen no< jugendlihen Bok des Londoner Tiergartens in ſeiner Sommertracht dar. Der Tahr iſt über den ganzen Himalaja verbreitet, findet ſi< aber bloß in bedeutenden Höhen.

Markham gibt eine Beſchreibung der Aufenthaltsorte dieſes wenig bekannten Tieres. „Den gewöhnlichen Wohnplatz des Tahrs” ſagt er, bilden felſige und grasreiche Abſtürze der Hügel, namentlih wenn ſie baumfrei ſind; doh bewohnt das ſ{höne Wild auch die Wälder ſelbſt falls nux der Grund dort zerriſſen und felſig iſt. Wenn die genannten Stellen in einer Höhe von mehr als 2000 m liegen, beſtehen die Wälder auf dem ſüdlichen

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