Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

690 Erſte Drdnung: Baumvögel; zweiunddreißigſte Familie: Kolibris.

den man in der Hand halte, unterſuhten; Audubon und nah ihm Burmeiſter erwähnen, daß ſie häufig in das Junere der Zimmer flögen, angelo>t dur<h Blumenſträuße, die hier aufgeſtellt wurden; Salvin berichtet, daß das Männchen eines Pärchens das eben ein Neſt bauen wollte, ihm Baumwolle ſozuſagen unter den Händen wegnahm; der Prinz von Wied beobachtete, daß ſie im Fnneren eines Zimmers, zu welchem man ſie ungeſtört gelangen ließ, ihr Neſt erbauten.

Zur Zeit iſt es no< niht entſchieden, ob die Paare während des ganzen Jahres zuſammenhalten, oder ob ſie ſi< nur gegen die Niſtzeit hin vereinigen. Dieſe iſt je nah der Gegend ſehr verſchieden. Bei denjenigen Arten, welhe wandern, fällt ſie mit dem Frühlinge zuſammen, bei den mittelamerikaniſhen Arten ſteht ſie im Einklange mit der Blütezeit. Einzelne Arten ſcheinen ſi< übrigens gar niht an eine beſtimmte Zeit zu binden: Goſſe verſichert ausdrü>lich, in jedem Monate des Jahres friſche Neſter des Kappenkolibris gefunden zu haben. „Soweit meine Erfahrung reiht“, ſagt er, „brüten die meiſten im Juni, während Hill den Januar als die eigentliche Brutzeit annimmt.“ Wahrſcheinlich niſten die meiſten Arten zweimal im Fahre.

Die Liebe erregt auch die Kolibris. Sie zeigen ſi< gegen die Paarungszeit hin no< einmal ſo lebendig und no einmal ſo kampfluſtig wie ſonſt. „Nichts“, ſagt Bullo>, „kann die Wildheit erreichen, die ſie bekunden, wenn ein anderes Männchen derſelben Art während der Brütezeit dem Standorte eines Paares ſi<h nähert. Unter dem Einfluſſe der Eiferſucht werden ſie geradezu wütend und kämpfen jeßt miteinander, bis einer der Gegner entſeelt zu Boden fällt. J<h habe einen derartigen Kampf mit angeſehen und zwar während eines {weren Regens, deſſen Tropfen meiner Anſicht nah genügend ſeir mußten, die wütenden Kämpfer zu Boden zu ſchlagen.“ Eine anmutige Schilderung gibt Audubon. „Jh wünſchte“, ſagte er, „daß ih au< andere des Vergnügens teilhaftig machen könnte, das i< empfunden habe bei der Beobachtung einzelner Pärchen dieſer lieblichen Geſchöpfe, während ſie ſi< gegenſeitig ihre Liebe erklären: wie das Männchen ſein Gefieder und ſeine Kehle ſträubt, wie es auf den Schwingen dahintanzt und um ſein Weibchen ſih bewegt, wie raſh es ſi< zu den Blumen herabſenkt und mit beladenem Schnabel wieder zurü>kehrt, um dieſen der Gattin zu reichen, wie beſeligt es zu ſein ſcheint, wenn ſie ſeine Zärtlichkeiten erwidert, wie es mit ſeinen kleinen Shwingen ſie fächelt, als ob ſie eine Blume wäre, und wie es ſie mit Kerbtieren aßt, die es ihr zu Gefallen geſucht hat, wie dieſe Auf: merkſamkeit ihrerſeits mit Genugthuung empfangen, und wie kurz darauf die wonnevolle Vereinigung beſiegelt wird, und dann, wie der Mut und die Sorgfalt des Männchens ſich verdoppelt, wie es ſelbſt den Kampf mit dem Tyrannen aufnimmt, wie es den Blauvogel und die Purpurſchwalbe bis zu ihren Niſtkaſten verfolgt und hierauf mit ſummenden Flügelſpißen freudig zurückkehrt an die Seite der Gattin: doh dieſe Proben der Zärtlichkeit, Treue und des Mutes, die das Männchen vor den Augen der Gattin an den Tag legt, die Sorgfalt, die es ihr beweiſt, während es auf dem Neſte ſißt, kann man wohl ſehen, niht aber beſchreiben!“

Alle Arten von Kolibris bauen ähnliche Neſter, und alle Arten legen nur zwei weißlie, längliche, im Verhältnis ſehr große Eier. „Die Übereinſtimmung dieſer kleinen, zierlichen Neſter“, ſagt Burmeiſter, „iſt ſo groß, daß ih eine ausführliche Beſchreibung für überflüſſig erahten muß, obgleih das jeder einzelnen Art wegen der zu ihnen verwendeten Stoffe gewiſſe Unterſchiede beſizt. Dieſe werden aber füglih nur als örtliche angeſehen werden können, da ſie zunächſt wohl von den beſonderen, hier oder dort gerade vorhandenen Bauſtoffen herrühren mögen.

„Jm allgemeinen gilt von dieſen Neſtern: daß ihre Grundlage ein weicher, baummwollähnlicher Stoff, aber gerade keine e<te Baumwolle iſt, und daß mit ihm andere feſte