Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Alpenſegler: Zugzeit. Frrlinge. Volksglaube. 705

1849 in der Nähe der Stadt Coburg herabgeſchoſſen, ein anderes Mal au< bei Zella St. Blaſii den Fängen eines erlegten Wanderfalken entriſſen. Noch ein anderer Alpenſegler, der in Me>lenburg erlegt wurde, befand ſih früher, wie mir E. von Homeyer mitteilte, im Muſeum zu Roſto>, iſt jedo<h dur die Motten zerſtört worden. Borggreve bezweifelt ohne allen Grund ſein Vorkommen an den genannten Orten und ſcheint nur einen Fall gelten laſſen zu wollen, hat aber unzweifelhaft die betreffenden Stellen niht nachgeſchlagen. Die Angabe Bechſteins namentlich iſt ſo beſtimmt, daß man folgenden Worten des trefflichen Beobachters wohl Glauben ſchenken muß: „Die drei Vögel flogen ſo nahe und ſo lange um mich herum, daß ich deutlih genug ihre Größe und Farbe unterſcheiden und ſie daher niht mit der Mauerſchwalbe verwechſeln konnte. Schade, daß ih feine Flinte hatte. Jhre Stimme war ein helles, reines, flötendes „Scri Scri“. Jh habe ſie in der Folge niht wieder geſehen.“ Nicht minder beſtimmt ſind die übrigen Angaben, und nurx die von Gloger herrührende Mitteilung, daß der Alpenſegler auh im Rieſengebirge vorkomme, ſcheint auf einer Verwehſelung mit dem dort nach eignen Beobachtungen in Felſenſpalten niſtenden Mauerſegler zu beruhen. Auch auf Helgoland hat man den Alpenſegler erlegt, und wahrſcheinlih durchfliegt er unbeachtet viel häufiger unſer Vaterland, als die Vogelkundigen annehmen mögen. Noch ungleich weiter als na< Norden hin führt ihn ſeine Winterwanderung. Wie ſein Verwandter durchreiſt er buc<ſtäblih ganz Afrika, trifft regelmäßig im Süden und Südweſten, am Vorgebirge der Guten Hoffnung wie im Namalande ein und treibt ſih über dem Tafelberge ebenſo munter umher wie über den höchſten Za>en des Säntisgebirges. Ebenſo ſah Ferdon an den prachtvollen Felſenabſtürzen bei den Fällen von Gairſoppa in ungefähr 300 m Höhe über der Thalſohle Tauſende von Alpenſeglern, die, wie ex ſich ausdrü>t, den Süden Jndiens raſtlos durchkreiſend, allabendli<h ſi< hier verſammeln.

„Niemand“, ſagt Bolle, „wird den Bewohnern Capris den uralten Glauben nehmen, der die Felſenſegler anſtatt wie andere Vögel übers Meer ziehen, in den Klüften der Inſel ſelbſt überwintern läßt. Dieſe guten Leute ſind in der Tierkunde ſo ſtar wie Ariſtoteles. Warum, fragen ſie pfiffig, fangen denn die Segler des Tages über ſo viele Fliegen, die ſie in ihre Löcher tragen, auh ohne Junge darin zu haben?“ Dieſelbe Anſicht hegen auh die Bewohner des Montſerrat, die den Alpenſegler unter dem Namen „Falſia blanca“ von dem Mauerſegler, ihrer „Falſia negra“, ſehr wohl unterſcheiden. Sie behaupten, daß jener während des ganzen Winters an den Felſenwänden des Montſerrat ſich aufhalte, wogegen dieſer regelmäßig wandere. Die Abreiſe wie die Ankunft des Mauerſeglers gaben ſie mix fo genau an, daß ihre Angabe hinſichtlih des Alpenſeglers mindeſtens Beachtung verdient. Unmöglich iſt es niht, daß der Alpenſegler wirklih in Spanien überwintert: thut dies do< beſtimmt die Felſenſhwalbe (Clivicola rupestris), die mit ihm oft denſelben Aufenthalt teilt, und beobachtete ih doh, wie ih weiter unten no<hmals zu erwähnen haben werde, den Mauerſegler im Süden des Landes noh im November. Falls die Angabe begründet ſein ſollte, handelt es ſi< vielleiht gar niht um dieſelben Alpenſegler, die an den Wänden des Montſerrat ihre Fungen großzogen, ſondern um andere, die vom winterlichen Norden her in jener Herberge einrü>ten, während die Sommerbewohner, gleichſam ihnen Plaß machend, weiter nah Süden zogen und Afrika durhwanderten.

Wir haben re<t, unſeren Vogel Alpenſegler zu nennen, obgleich er in unſeren Alpen nirgends in ſolcher Maſſe auſtritt wie im Süden. Hier erſt ſammelt er ſih an einzelnen Stellen zu ſtaunenerregenden Scharen. Fn den Alpen begegnet man ihm überall weit ſpärlicher. Girtanner zählt eine Reihe von Brutpläßen auf, zu welchen er regelmäßig zurück: kehrt. Alle Hochgebirgszüge der Schweiz beherbergen nah ſeiner Angabe einzelne Siedelungen; am häufigſten aber tritt der Vogel auh hier im Süden der Alpen, insbeſondere

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IV. 45