Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

710 Erſte Ordnung: Baumvögel; dreiunddreißigſte Familie: Segler,

hindeutet. Wie ganz anders doh der Mauerſegler, der gerade um dieſe Stunde truppweiſe am lauteſten lärmt. Wäre nicht die Größe und wären nicht die langen ſpißigen Flügel nebſt der dunkleren Oberbruſt, man könnte den Felſenſegler dann der leiht und deutlich ſichtbaren Unterſeite halber für eine Hausſhwalbe anſehen. Er gaukelt förmlih durch die Luſt. Man gewahrt, wie er innehält, um nach einer Beute zu ſ{<nappen; manchmal rüttelt er auh. Wie unedel erſcheint do< neben dem Vogel die ihm zur Seite flatternde fleine Fledermaus, die hier und in den Straßen Neapels ſo häufig iſt und nachmittags oft {hon bei hellem Tageslichte fliegt.“

Jn demſelben Grade wie der Alpenſegler das Luftmeer beherrſcht, zeigt er ſi< unbehilſlih, wenn er dur< Zufall auf flahen Boden fiel. Girtanner hat über das vielbeſprochene Unvermögen dieſes Seglers vom Erdboden aus zum Fluge ſih zu erheben, Verſuche angeſtellt, aus welchen Folgendes hervorgeht. Jn einem großen Zimmer möglichſt nahe an die Dee gebracht, ließen ſie ſi fallen, breiteten dann ſhnell die Flügel aus und kamen in einem gegen den Boden gewölbten Bogen dieſem nahe, erhoben ſi< nun all: mählih wieder und waren im ſtande, einige Kreiſe zu beſchreiben, hängten ſih jedo< bald irgendwo an, da ihnen zu größeren Flugübungen der Raum zu mangeln ſchien. Der gleiche Verſuch, in einem kleinen Zimmer ausgeführt, hatte zur Folge, daß ſie die entgegengeſeßte Zimmerwand berührten, ehe ſie ſih wieder erhoben hatten, anſtießen und immer zu Boden fielen. Von dieſem aus waren ſie nie im ſtande, ſi frei zu erheben; ihn mit den ausgebreiteten Flügeln peitſhend, die Füße an den Körper angezogen, ſtoben ſie dahin, bis ſie die Wand erreichten. Hier, ſelbſt an einer rauhen Mauer, hinaufzuklettern, vermochten ſie niht. „Es beſteht wohl kein Zweifel“, meint Girtanner, „daß ſie, wenn ſie in der Freiheit auf die Erde gelangten, dieſelben Bewegungen ausführen. War der Vogel ſo glü>li<, auf ein Hausdach oder die Oberfläche eines Felſens zu fallen, ſo hilft er ſi auf die genannte Weiſe bis an den Rand, über welchen er ſih, um freien Flug zu gewinnen, einfach hinabſtürzt. Auf weiter Fläche aber, deren Ende er flatternd niht zu erreichen vermag, oder in einem von ſenkre<hten Wänden umgebenen Raume iſt ex unfehlbar dem Tode preisgegeben. Es wird indeſſen verſichert, daß ihm, wie auh einem hilflos auf der Erde liegenden Mauerſegler durch ſeinesgleichen, in der Weiſe aus der Not geholfen werde, daß andere ſeiner Art pfeilſchnell an dem verunglü>ten hinſchießen, dieſen niht ſelten vom Boden aufzureißen und wieder in Flug zu bringen vermögen. Jh bezweifle die Möglichkeit einer ſolchen Hilfeleiſtung niht, um ſo weniger, als i< mi<h mit Vergnügen einer mit ſtark beſhnittenen Flügeln frei umhergehenden Dohle erinnere, auf welche eine Geſellſchaft in der Abreiſe begriffener wilder auf das Geſchrei der geſtußten herbeieilte und ſie vor meinen Augen mit großer Beharrlichkeit in die Lüfte zu entführen verſuchte, indem ſie ſie zu wiederholten Malen mit dem Schnabel an die Flügel faßten, ziemlih hoch in die Luft hoben und von ihrem edlen Vorhaben erſt abſtanden und abzogen, als ſie ſih von der Nutzloſigkeit ihrer Anſtrengungen überzeugt hatten.“ F< meinesteils will Girtanners Zweifel nicht beſtreiten, kann aber ſeiner Meinung, daß ein auf den Boden geratener Segler dem Tode preisgegeben ſei, niht beipflichten. Er behilft ſi< unzweifelhaft in derſelben Weiſe wie der Mauerſegler in gleichem Falle. Aber freilih darf man ihn niht im engen Raume eines Zimmers auf den Boden legen, um leßteres zu erfahren; man muß ſich vielmehr im Freien einen Ort erwählen, der dem geängſtigten Tiere weite Umſchau und dadur<h wohl das nötige Selbſtvertrauen gewährt.

„Sind viele Alpenſegler beiſammen“, bemerkt Bolle, „ſo wird ihr Ruf zu einem langgezogenen Trillern, in welchem ein deutliches „R“ vorwaltet und am Anfange und zu Ende etwas vom „ZJ“ ſih einmiſcht. Es iſt dies ein Naturlaut, der ſehr gut zu dem wilden, aber lihtumfloſſenen Gepräge der von dieſem Segler bewohnten Uferlandſchaften paßt, je