Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Hokkos: Zähmbarkeit. Stimme. ZüchtungS8verſuche. 625

Stimme vernimmt man glü>licherweiſe nur in der Paarungszeit- wäre dies nicht der Fall, ſo würden ſie vollends unerträglich ſein; denn weder ihr Brummen, noh das gellende Pfeifen, das ſie hören laſſen, iſt beſonders angenehm. Wenn ſie pfeifen oder brummen, ſien ſie lange Zeit auf derſelben Stelle, pumpen, ſcheinbar mit Anſtrengung, eine Menge Luft in die Lunge und laſſen ſie nun ſtoßweiſe wieder ausſtrömen, wobei eben der ſonderbare Laut erzeugt wird. Man bleibt im unklaren, ob man das Brummen als Liebesruf zu deuten habe oder niht; denn von einer Balz iſt bei ihnen keine Rede, und der ſeinen Geſang hervorwürgende Hahn ſcheint ſi<h niht im geringſten um die Henne und dieſe ſih niht um ihn zu bekümmern.

Hokkos, die ih längere Zeit pflegte, haben zwar wochenlang gebrummt geknurrt und gepfiffen, niemals aber auh nur verſucht, ſih zu paaren. Nun haben wir allerdings verſchiedene Berichte über gelungene Züchtung dieſer Vögel erhalten, ſogar erfahren, daß ein Hokkoweibchen 15 Eier gelegt und erbrütet habe: alle derartigen Berichte aber ſind unwahr. Beachten8wert ſcheint mir nur ein einziger zu ſein. „Jh beſaß“, ſo erzählt Pomme, „ſehs weibliche Hokkos und nur vier Männchen. Dieſes Mißverhältnis hat mix den Beweis geliefert, daß der Vogel in Einweibigkeit lebt. Die nicht gepaarten Weibchen legen zwar denno<h und ſuchen die Liebkoſungen des erſten beſten Männchens das ihnen in den Weg kommt; aber ſie gehen in den Geſhlehtsverrihtungen nicht weiter, bauen feine Neſter, ſondern legen ihre Eier, wohin ſie gerade kommen, meiſt abends, wenn ie ſh ſhon aufgeſeßt haben. Diejenigen dagegen, welhe Männchen haben, legen immer in ein Neſt und zwar in ein ſolches, welches von den leßteren errichtet worden iſt; denn bei dieſen Vögeln baut das Männchen. Jh muß zugleih bemerken, daß die Hokkos/ in Frankreih wenigſtens, ſehr ſelten brüten; von allen, welche ih bekommen konnte, hat nur ein einziges Neigung hierzu gezeigt. Fünf Stü haben Eier gelegt, das ſechſte war mehrere Tage lang gepaart und ſuchte das Männchen auf; aber es hat nie gelegt. Die neu angefommenen Weibchen bleiben während des erſten Fahres ihrer Einführung kalt und gefühllos; im zweiten Jahre paaren ſie ſi, aber ſie legen niht oder nur ſchalenloſe Eier; im dritten Jahre iſt Schale daran, ſie iſt jedo< zerbre<li< und unvollkommen, und erſt im vierten Jahre verſchwindet auch dieſer Mangel. Jedes Weibchen legt, wenn es niht brütet, nur einmal und zwar gegen Ende April oder zu Anfang Mai. Die Brütezeit dauert 31 bis 32 Zage. Bei mir wurden jedesmal 2, manchmal, aber ſelten, 3 Eier gelegt. Faſt alle Eier, welche ih bekam, waren befruchtet; aber bei faſt allen ſtarb das völlig entwidelte Junge in der Schale ab, als ob ihm die Kraft zum Ausſchlüpfen gefehlt hätte. Es kommt dies in unſeren Gegenden bei einheimiſchen Vögeln oft vor, wenn die Mutter während des Legens nicht ganz geſund iſt. Dreimal konnten indeſſen die jungen Hokkos die Schwierigkeiten beim Ausſhlüpfen überwinden; aber, obwohl ſie ganz kräftig waren, lebten ſie doh nur 35—4 Tage. Sie fraßen nihts und ſtarben ohne Zweifel Hungers. Gegen die Truthenne, die ſie ausgebrütet hatte, zeigten ſie Abneigung und hielten ſi<h immer von ihr entfernt. Dieſe Beobachtung brachte mih auf die Vermutung, daß die Mutter eine erſte Nahrung im Kropfe bereite, wie die Tauben, und ſolche den jungen Hokkos in den erſten Tagen unumgänglich notwendig ſei. Um mich hiervon zu überzeugen, gab ih einem Hokkohuhne zwei Eier von Schakuhühnern. Sie wurden ſo eifrig bebrütet, daß am 29. Tage die Pflegemutter mit ihren zwei Pfleglingen im Garten umherſpazierte. Das Männchen betkümmerte ſi< niht um die Jungen; aber das Weibchen zog ſie re<t gut auf, und jebt ſind ſie völlig aufgewachſen.“

„Um die Aufzucht der Hokkos“, ſchreibt Bodinus, „bin ih auf eine ſehr ärgerliche Weiſe gekommen. Längere Zeit hatte ih bemerkt, daß das ſehr biſſige Männchen ſein Weibchen heftig verfolgte und dieſes, um ſih zu retten, genötigt war, ſih zu verbergen.

Brehm, Tierleben. 3. Auflage, Y. 40