Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

626 Vierte Ordnung: HüÜhnervögel; zweite Familie: Hokkovögel.

Das Männchen flog auf die Spiße eines dürren Baumes, ſtellte ſih auf einen der höchſten Äſte; hier ein eigentümlich ſ{hallendes Pfeifen ausſtoßend, überſah es ſeine ganze Umgebung und flog nach einiger Zeit herab, vermutli<h um das Weibchen zu betreten, ein Akt, den ich jedo< niht beobachtete, weil jenes das etwas ſehr ungeſtüme Annähern des Gemahles zu unpaſſender Zeit fürchtete. So wunderte ih mich nicht, als ih eines Tages bemexkte, daß das Weibchen in einem für Mandarinen-Enten beſtimmten Häuschen ſaß, und erſt, als ih mehrere Tage hintereinander das Tier immer in derſelben Stellung, Steiß und Schweif außerhalb beſagten Käſtchens, fand, ſtieß mir der Gedanke auf, daß der Vogel ſich feſtgekrochen habe und nicht wieder zurü>kommen könne. Es ſchien mix faſt unmögli<h und wenigſtens unglaubli<h, daß ein Häuschen, gerade genügend, eine brütende Mandarinen-Ente auf zunehmen, von einem großen Hokfto freiwillig zu einem angemeſſenen Aufenthaltsorte gewählt werden könne. Fn der bangen Sorge, daß das Tier ſich feſtgekrohen habe und wohl gar tot ſei, ſtieg ih auf einer Leiter bis zum Häuschen empor, ergriff jenes, um es hervorzuziehen, und als es niht folgen wollte oder konnte, freute ih mi, daß ih ihm zur reten Zeit zur Hilfe geeilt ſei. Plößlich bei einer Bewegung hörte ih es krachen und — o Jammer! nun erſt nahm ih wahr, daß der Vogel auf einem mächtig großen Eie brütete. Mein Verdruß war groß; allein das Unglück war geſchehen, und wenn für diesmal die Aufzucht von Hokkos mißlungen iſ, ſo habe ih do< wichtige Fingerzeige für die Zukunft erhalten, die ih benußen werde. Vielleicht hätte ih no< in demſelben Sommer ein günſtiges Ergebnis erzielt, wäre niht um die Mitte des Juli entſeblich kaltes Wetter eingetreten. Bald, nahdem nämlih das Hokkohuhn um ſein Ei gekommen, ſtand der Hahn wieder pfeifend auf der Spite eines Baumes, und eines ſ{önen Tages nahm ih au< wahr, wie er in eins der an der Wand hängenden Entenhäuschen gekrochen war, ein ganz leiſes, gedehntes Pfeifen hören ließ und dabei ſih mit den im Häuschen befindlichen Niſtſtoffen zu ſchaffen machte, während das Weibchen ſein altes, daneben hängendes Häuschen wieder aufſuchte, vor meinen Augen hineinkroh und — i< mochte den Augen kaum trauen — mit unglaublicher Gewandtheit ſi darin umdrehte! Hätte ih früher niht an dem vorhandenen Ci geſehen, daß das Tier im Häuschen wirklih gelegt haben mußte, ih hätte dies nicht für möglich gehalten, weil es ſich na< meinem Dafürhalten niht umdrehen konnte. Febt war mir alles klar. Das Tier hatte ſih beim Legen mit dem Kopfe nah der Öffnung gedreht, notwendig hätte das Ei ſonſt außerhalb des Häuschens auf die Erde fallen müſſen, denn leßteres iſt bedeutend kürzer als der Vogel ſelbſt. Hieraus ſchließe ih, daß der Mutung niht frei auf Väumen, ſondern in Höhlen ſein Neſt anlegt und, weil er die kleinſten benußt, keine große Anzahl von Eiern legt, wie denn auch unſere Henne nur ein einziges gelegt hat. Zu leßterem Schluß komme ih um ſo mehr, als das Ei im Verhältnis zur Größe des Tieres unförmlih groß iſt, größer als das ſtärkſte Pfauenei. Von Farbe iſt es weiß und der Geſtalt nach gleihmäßig und rundlich eiförmig; nur ganz wenig iſt das eine Ende ſpiber als das andere.“

„Die jungen Hokkos“/, bemerkt Aquarone, der ebenfalls glü>lihe Zuchtergebniſſe erzielt zu haben verſichert, „nehmen in den erſten 14 Tagen wenig Nahrung zu ſih, und man muß ihnen oft etwas anbieten, um ſie zum Freſſen zu reizen. Sie laſſen ſih auch niht gern beim Freſſen zuſehen, da ſie ſehr mißtrauiſch ſind, und verſte>en ſich entweder hinter die Henne oder verwenden keinen Bli> von dem Zuſchauer. Wenn ſie ſich zur Ruhe ſegen wollen und die Anweſenheit eines Menſchen merken, fliegen ſie gegen das Gitter und hören nicht auf den Ruf der Henne. Selten verkriecht ſih ein junger Hokko unter die Flügel der Alten, bäumt vielmehr von dem erſten Tage ſeines Lebens an. Fſt keine Vorrichtung vorhanden, daß er ſih auf einen erhöhten Standpunkt ſegen kann, ſo iſt er die ganze Naht unruhig und ſtößt ſich gegen das Gitter. Man darf deshalb die Fungen