Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Buſchhuhn. — Zigeunerhuhn. 639

Vögel. Es waren Schopfhühner, „Stinkvögel“ der Anſiedler. Obſchon die deutſche Benen: nung, der langen Kopffedern wegen bezeihnend genug iſt, ſo hebt do<h der Name der Anſiedler mit no< mehr Recht eine der hervorragendſten Eigenſchaften dieſer Vögel hervor; denn ohne ſie zu ſehen, wird man bereits aus ziemlicher Entfernung, wenn auch niht auf die angenehmſte Art, von ihrer Nähe unterrichtet. Der Geruch iſ ſo unangenehm, daß ſelbſt die Jndianer das Schopfhuhn, ungeachtet ſeines Muskelreihtums um keinen Preis eſſen würden. Er hat viel Ahnlichkeit mit friſhem Pferdedünger und iſt ſo durhdringend, daß ihn ſelbſt der Balg noch jahrelang beibehält. Die Herde zählte gewiß Hunderte, die ſih teils ſonnten, teils in dem Gebüſche herumjagten, teils von dem Erdboden aufflogen. Es ſcien eben Paarungszeit zu ſein. Ein Schuß unter die fröhliche Geſellſchaft tôtete mehrere zugleih. Bei den alten Vögeln waren die langen Shwanzfedern abgerieben: ein Beweis, daß ſie häufig auf dem Boden herumlaufen, um dort ihre Nahrung zu ſuchen, wobei die langen Schwanzfedern den Boden berühren.“

Verführt dur< eine gewiſſe Ähnlichkeit mit den Piſangſfreſſern, haben einige Naturforſcher, nah dem Vorgange von Niß\<, geglaubt, das Schopfhuhn genannten Vögeln beizählen zu müſſen, „es bedurfte aber“, wie Desmurs hervorhebt, „eines übermenſchli<hen Aufgebotes der Einbildungskraft oder eines wirklihen Abſcheues gegen einfache, leicht begreifliche Thatſachen“, um dieſes Verfahren zu rechtfertigen. Allerdings ſteht das Schopfhuhn auh unter den Hühnervögeln ſehr vereinzelt da, ähnelt dieſen, insbeſondere den Schakuhühnern, ſicherlih aber mehr als den Piſangfreſſern. Einzelne Vogelkundige wollen in -ihm das Urbild einer beſonderen, nur aus ihm ſelbſt beſtehenden Ordnung ſehen; wir laſſen es wenigſtens als Vertreter einer eignen Sippſchaft (Opisthocomi) und Familie (Opisthocomidae) gelten.

Das Schopf- oder beſſer Zigeunerhuhn (Opisthocomus cristatus und hoazin, Phasíanus und Orthocorys cristatus) iſt \<lanf gebaut, der Hals mittellang und dünn, der Kopf klein, der Schnabel dem eines Hokkos ebenſo ähnlich wie dem eines Schakuhuhnes/ an der Spige ſanft herabgebogen, am unteren Kinnwinkel e>ig vorſpringend, ſein Hinterteil von einer Wachshaut überkleidet, die Schneide fein gekerbt, der Fuß kurzläufig und langzehig , auch mit langen, ſtarken, ziemlih gebogenen und ſcharf zugeſpißten Krallen bewehrt, der Flügel ziemlich lang, zuſammengelegt, bis über die Schwanzmitte herabreichend, in ihm die fünfte Schwinge die längſte, die erſte ziemlich klein, der Shwanz aus zehn langen, mäßig breiten Federn gebildet, die ſeitlih etwas verkürzt und an der Spitze ſämtlih abgerundet ſind. Das Gefieder verlängert ſi auf dem Ober- und Hinterkopfe zu einer aus ſ<malen, ſpizigen Federn beſtehenden Haube; die Federn des Halſes ſind lang, ſhmal und ſpivig, die des Numpfes groß und abgerundet, die des Bauches weich, faſt daunig, die des Nückens aber derb. Nacken Rücken, Flügel, Hinterhälfte der Armſchwingen und Schwanz ſehen braun aus; die großen Hinterarmſhwingen ſchillern erzgrün, die Schwanzfedern bräunlich, die des Halſes und Oberrückens zeigen einen weißgelben Schaftſtreifen, die Schulterfedern weißgelbe Säume, die kleinen Deckfedern eine weißliche Außenfahne; Kehle, Vorderhals und Bruſt ſind weißlih, Bauch, Unterſchenkel, Steiß, die Hand[<wingen und die vordere Hälfte der Armſchwingen hell roſtrot, die Federn der Kopfhaube weißgelb, die hinterſten {hwarz geſäumt. Das Auge iſt hellbraun, das Geſicht, ſoweit es na>t, fleiſhrot, der Schnabel hornbraungrau, an der Spiße bläſſer, der Fuß fleiſchbraun. Die Länge beträgt 62, die Fittihlänge 34, die Schwanzlänge 29 em.

Man nimmt an, daß Hernandez unter dem Namen „Hoacßin“ unſer Zigeunerhuhn geſchildert hat und gebraucht deshalb häufig noh jenen Namen zu feiner Bezeichnung;