Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

640 Vierte Ordnung: Hühnervögel; fünfte Familie: Steißhühner.

die Beſchreibung iſt jedo<h ſo unklar, daß auf dieſe Meinung niht viel Gewicht gelegt werden darf. Dagegen beſchrieb Sonnini unter dem Namen „Saſa“ unſeren Vogel, und ſeine Schilderung iſt bis auf S<homburgk, Desmurs und Bates die einzige geweſen, die Glaubwürdigkeit beanſpruchen konnte. Sonnini fand dieſe Hühner nie in großen Waldungen oder an hohen Drten, ſondern immer nur auf überſhwemmten Savannen, den Tag über auf Zweigen am Rande der Gewäſſer ſtillſißend, morgens und abends auf Nahrung ausgehend. Sie laſſen ſi< leiht beſhleihen, ſind überhaupt gar niht ſcheu, wahrſcheinlih, weil man ſie ihres ſhle<hten Fleiſches wegen wenig beunruhigt, ſie au< außerdem in Gegenden ſih aufhalten, die von Menſchen ſelten beſuht werden. Niemals ſollen ſie auf den Boden herabkommen, ſondern ſi<h immer nur auf Bäumen und Gebüſchen umhertreiben. Leßbtere Angabe ſteht mit dem von Shomburgk Mitgeteilten in Widerſpru<h, wird aber au< von Bates aufrecht erhalten; es ſcheint alſo, daß das Baumleben die Regel ein Herabkommen auf den Boden die Ausnahme iſt. Am oberen Amazonenſtrome iſt das Zigeunerhuhn außerordentlich häufig und unter dem Namen „Zi geuner“ jedermann bekannt. Es lebt, laut Bates, auf den niederen Bäumen oder in Büſchen, welche die Ströme und Seen umſäumen, und nährt ſi von verſchiedenen wilden Früchten, insbeſondere von einer ſaueren Guayave. Die Eingeborenen behaupten, daß es die Fru<ht eines baumartigen Arums, der auf den ſhlanimigen Bänken kleine Dickichte bildet, vorzugsweiſe aufſuche, und daß ſein Fleiſch deshalb den unangenehmen Geruch befomme. Leßteres bezweifelt Schomburgk, weil dieſer Geruch gar keine Ähnlichkeit mit den Arumblättern habe; doh ſcheint mix dieſer Grund niht ausreichend zu ſein, um die Angabe der Eingeborenen zu widerlegen. Bates iſt übrigens auch der Anſicht, daß jener Geruch als der beſte Shut des Huhnes angeſehen werden müſſe, da weder der Menſch no ein Raubtier auf den ſtinkenden, ungenießbaren Vogel Jagd mache. Die rauhe, widrige Stimme ſoll man beſonders dann vernehmen, wenn das Schopfhuhn, aufgeſcheucht durch ein vorüberfahrendes Boot oder einen ſi< nähernden Menſchen, entflieht. Es pflegt dann die ganze Bande laut aufzuſchreien, während ſie | <werfällig von einem Baume zum anderen fliegt.

Bates hält das Zigeunerhuhn für einen in Vielehigkeit lebenden Vogel, bleibt uns aber den Beweis dafür ſchuldig. G. Wallis teilt mir hierüber Folgendes mit: „Das Zigeunerhuhn baut ein kunſtloſes, flaches, etwa 35 cm im Durchmeſſer haltendes Neſt aus tro>enen Reiſern, die, kreuz und quer übereinander gelegt, ſhwach verflochten und ärmlih ausgefüttert werden. Da dieſe Neſter meiſt zahlrei nebeneinander auf niedrigen Bäumen oder Sträuchern an den Ufern der Flüſſe ſtehen, entde>t man ſie leiht, um ſo mehr, als die Vögel bei Annäherung eines Bootes ein ohrbetäubendes Geſchrei erheben und einem ſo diht um den Kopf ſchwirren, daß man Mühe hat, bis zu dem Neſte zu gelangen, obgleih man, im Boote ſih auſrihtend, vom Fluſſe aus meiſt hineinſehen fann. J<h fand in allen Neſtern ein einziges Ei, das auf roſtgelbem Grunde mit ſ<hokoladenbraunen Fle>en gezeichnet war, nach Verſicherung meiner eingeborenen Begleiter ſoll der Vogel auh niemals mehr als eins legen.

Die zweite Unterordnung der Hühnervögel bilden die Steißhühner (Cry pturiformes). Jhr Leib iſt wegen der ſehr entwidtelten Bruſtmuskeln kräftig, der Hals dagegen lang und dünn, der Kopf klein und platt, der Schnabel lang, dünn, gebogen, ohne fuppig abgeſeßten Hornnagel an der Spiße, vielmehr mit einer Hornmaſſe überzogen, die ſanft und allmählich in die übrige häutige Bede>ung übergeht, der Fuß hochläufig, ſehr rauhſohlig, die ſtets kleine, hoh angeſeßte Hinterzehe bei einzelnen ſo verkümmert,