Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

22 Ein Bli>k au} das Leben der Gejamthe1t.

Kriechen. Die meiſten ſ{<leppen den Bauch am Boden, und gerade bei den ſchnellſten unter ihnen wird dies am deutlichſten. Viele Schildkröten ſind zwar îm ſtande, ſo zu gehen, daß ſie mit dem Bruſtpanzer den Boden nicht berühren; ſie aber fördern ſi< mit einer Langſamkeit, daß man ihre Bewegung wirkli<h kaum Laufen nennen darf. Schon die meiſten Waſſerſchildkröten ſtreifen bei ihren Bewegungen mit dem Bauchpanzer unten am Boden auf, und die Meerſchildkröten kriechen no< unbehilfliher auf dem Lande fort als die Nobben. Die Eidechſen huſchen zwar ſehr raſh und auch behende dahin, tragen ihre Beine aber Jehr nah auswärts gebogen, ſo daß ihre Bewegung im Vergleiche zu der der Säugetiere ebenfalls als unbehilflih bezeihnet werden muß. Die Sthlangen endlich, die eigentlichen Kriecher unter den Kriectieren, bewegen ſi< mit Hilfe ihrer Rippen, die ſie als Stützen des Leibes gebrauchen und beim Fortgleiten wirkli, in ähnlicher Weiſe wie Beine, als Hebel benuzen.

Das Schwimmen geſchieht in ſehr verſchiedener Weiſe. Ein Kriechtier, das ium Waſſer umkommen ſollte, kennt man nicht. Selbſt die unbehilflichen Landſchildkröten, die wie Steine untergehen, find in der Tiefe eines Gewäſſers nicht verloren. Die Flußſchildkröten {hwimmen mit ihren breitruderigen Füßen, die Seeſchildkröten, dank ihrer großen Floſſen, ebenſo raſh und gewandt wie leiht und ausdauernd, die Krokodile hauptſächlich mit Hilfe ihres Schwanzes, der ein mächtiges Bewegungswerkzeug bildet und wie ein am Stern des Bootes eingelegtes Ruder gebraucht wird, die Schlangen und Eidechſen endlich, indem ſie ſhlängelnde Bewegungen ausführen, die ſie überraſchend ſchnell fördern. Bei den Seeſhlangen iſt der Hinterteil des Leibes zu einem trefflichen, ſenkre<ht geſtellten Steuerruder geworden, befördert demgemäß die Bewegungen ungemein; aber auh Schlangen, die dieſes Hilfsmittels entbehren, gleiten ſehr raſ< durch die Wellen. Das geringe Atembedürfnis erleichtert ſelbſt denen, die dem Lande angehören, einen längeren Aufenthalt im Waſſer.

Geſchi>t zeigen ſi< viele Kriechtiere im Klettern. Gewiſſe Eidechſen rennen an den glätteſten Bäumen und Felſen ebenſo {nell empor wie andere auf dem Boden fort. Nicht wenige beſißen zum Anhäkeln oder Anklammern höchſt geeignete Werkzeuge in ihren ſpißzen, ſichelartig gekrümmten Krallen oder aber in den ſcheibenförmig verbreiterten, unten mit blattartigen Querleiſten verſehenen Zehen, die es ihnen ſogar geſtatten, wie Fliegen an der unteren Seite wagerehter Äſte oder Felsflächen ſi feſtzuhalten und hier mit aller Sicherheit umherzulaufen. Die Schlangen klettern genau in derſelben Weiſe, in welcher ſie gehen oder ſ<hwimmen: ſie fördern ſih durch ihre ſhlängelnden Bewegungen und klemmen ſih beim Emporſteigen mit ihren beweglichen Rippen ſo feſt in die Unebenheiten der Baumrinde ein, daß ſie gegen ein unwillkürlihes Abrutſchen geſichert ſind.

Noch ungünſtiger im Vergleich zu den Lebensäußerungen der höheren Tiere erſcheinen uns die unwillkürlihen Bewegungen ihres Körpers. Die Thätigkeit des Atmens und der Kreislauf des Blutes ſind bei ihnen ſehr unregelmäßig und unvollkommen. Der Blutumlauf ſteht zwar ebenfalls no< in Verbindung mit dem Atmen, iſt aber doh von dieſem viel unabhängiger als bei den Vögeln und Säugetieren. Alle Kriechtiere atmen langſam und können friſche Luft ſehr lange Zeit entbehren; ihr Atemholen geſchieht auh mit größerer Willkür als bei den warmblütigen Tieren: ſie pumpen ſich die großen Lungen gelegentlich voll und entleeren die eingeatmete Luft langſam wieder. Eine Stimme im eigentlichen Sinne des Wortes haben die Krokodile, Ge>onen und einige Eidechſen, wie die Kielechſe und der Sandläufer (Psammodromus); alle übrigen ſtoßen nur fauchende und ziſchende Laute aus. Das Herz ſendet, wie wir ſahen, nur einen geringen Teil des Blutes zur Reiz nigung nah den Lungen, und das ſauerſtoffreichere Blut vermiſcht ſih vielfah mit dem kohlenſäurehaltigen, erhöht deshalb au<h die Wärme des Leibes niht bedeutend über die, die das Tier umgibt. Hierzu kommt die verhältnismäßig große Unabhängigkeit des Rüenmarts von dem Gehirne und die darauf ſi< gründende Unempfindli(hkeit, mit welcher