Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Erſte Ordnung. Die Schuppenkrie<htiere (Squamata). Erſte Unterordnung: Eidechſen (Lacertilia).

Die niedliche Eidechſe, die wohl jedem meiner Leſer aus eigner Anſchauung bekannt ſein dürfte, kann als Urbild aller Echſen gelten, obgleich dieſe Grundgeſtalt, wie ih mich ausdrü>en möchte, vielfah abändert, indem Mißverhältnis der einzelnen Glieder untereinander bemerkli<h wird, ſonderbare Stacheln und Hautkämme, Lappen und Falten vorkom: men oder einzelne Glieder verkümmern und die betreffenden Tiere dann den Schlangen ähnlih werden. Jm allgemeinen haben die Eidechſen die Geſtalt der Krokodile, und nur wenige von ihnen ähneln bezüglich ihrer Leibesgeſtalt und ihrer Fußloſigkeit den Schlangen: ſie unterſcheiden ſi<h aber dur< äußerliche und innerliche Merkmale von den Panzerechſen ſchärfer als von den Schlangen. Jhr Leib ſcheidet ſi<h gewöhnlih deutli in Kopf, Hals, Rumpf und Glieder; doh können die leßteren verkümmern oder gänzlih fehlen und die betreffenden Tiere dann- den Schlangen ähnlih werden: auch dieſe Übereinſtimmung aber, die der Unkundige zwiſchen ihnen und den leßteren wahrzunehmen glaubt, iſt bloß oberflählih und verſchwindet bei genauerer Betrachtung. Bezeichnend für alle Eidechſen ſind: das aus Hornſchuppen mit oder ohne knöcherne Grundlage beſtehende Kleid, die bewegliche Zunge und die ein- oder angewachſenen, nie eingekeilten Zähne. Eine Ohrenklappe fehlt; das Paufkenfell liegt oberflähli< frei oder in einer ſehr kurzen Trommelhöhle, wird ausnahmsweiſe au< wohl von der Körperhaut überzogen; die Augenlider ſind meiſt beweglich, die Naſenlöcher getrennt. Der After iſt niht, wie bei den Schildkröten und Krokodilen, ein Längs-, ſondern, wie bei den Schlangen, ein Querſpalt.

Die bei den verſchiedenen Arten vielfah abändernden Schuppen unterſcheidet man als Tafel- oder Körner-, Schindel- und Wirtelſhuppen. Unter erſteren verſteht man kleine, runde oder viele>ige, mit ihrer ganzen Fläche angeheftete Horngebilde, die nebeneinander liegen, ſi< alſo niht de>en, während die Schindelſhuppen mit ihrem Vorderrande in der Haut feſtgewachſen, mit ihrem Hinterrande dagegen frei ſind und ſih mit den Seitenrändern, teilweiſe au<h mit ihren Spißen de>en und die Wirtelſhuppen in geraden Querreihen nebeneinander ſtehen. Schuppen, die ſi< durc ihre Größe auszeihnen und mit ihrer ganzen Fläche der Haut anliegen, werden Schilde genannt und nach ihrer Lage wie nah ihrer Geſtalt unterſchieden. So bezeichnet man den auf der Shnauzenſpiße gelegenen als Schnauzenſchild, die dahinter liegenden als Naſenſchilde, die, welche die Augen bede>en, als Augende>enſchilde, die mitten auf dem Kopfe gelegenen als Scheitelſchilde, die zwiſchen ihnen und den Schhnauzen- und Naſenſchilden ſi< findenden als Stirnſchilde, die hinterſten als