Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Allgemeines. Artenzahl. Verbreitung. Aufenthalt. E 33

ſogar der Form nah in Schneide-, E> und Backenzähne eingeteilt werden. Die weite Speiſeröhre geht ohne inneren Vorſprung in den kegelförmigen Magen über, der durch einen Ringwulſt oder eine wirkliche Klappe von verſchiedener Länge anfangs oft erweitert, gewunden und dur eine beſondere Klappe vom Darmteile getrennt wird; die Nieren liegen hinter der Leibeshöhle, ſind länglih und bandförmig, oft an der hinteren Hälfte miteinander ver\{<molzen; die Harnblaſe iſt ſtets vorhanden. Das Herz hat zwei vollſtändig geſchiedene Vorhöfe, aber zwei miteinander in Verbindung ſtehende Kammern. Die Lungen werden nicht wie bei den Krokodilen dur< einen zwer<fellartigen Muskel in der Bruſthöhle zurü>gehalten, ſondern reihen bis in die Bauchhöhle hinab; nur die Warane bilden hierin eine Ausnahme. Beſonders beahtenswert endlich ſind die ſtets doppelten oder paarigen Begattung8werßzeuge der Eidechſen, die auh in dieſer Beziehung mit den Schlangen, niht aber mit Schildkröten und Krokodilen übereinſtimmen.

Die Eidechſen bilden die artenreihſte Drdnung der Kriechtiere; denn die Anzahl der gegenwärtig unterſchiedenen Arten beläuft ſi<h auf etwa 1645, die ſih na< G. A. Boulenger in 20 Familien einreihen laſſen. Auf die großen Unterſchiede in Bezug auf die geographiſche Verteilung der Eidechſen im Vergleiche zu der der Lurche hat uns dieſer Forſcher ebenfalls zuerſt aufmerkſam gemaht. Während bei den Lurchen zwei große Gebiete der Verbreitung, nämlich ein nördlicher europäiſch-aſiatiſh-nordamerikaniſcher und ein ſüdlicher, dem Gleicher folgender, breiter Gürtel als Haupteinteilungsgebiete gelten müſſen, iſt bei den Eidechſen eine Linie von Pol zu Pol zu ziehen, welche die Alte Welt und Auſtralien auf der einen, Amerika auf der anderen Seite als ſi< gegenüberſtehende Gebiete ſcheidet. Während überdies die tropiſh-afrikaniſhe Abteilung mit der tropiſh-indiſhen ſi<h in ihren Lurchen auffallend verwandt zeigt, fehlen ſolhe Beziehungen nahezu ganz bei den Eidechſen; umgekehrt aber iſt es bei der tropiſh-indiſhen und auſtraliſhen Lurh- und Eidechſenwelt. Ebenſo iſt die altweltliche Eidechſenwelt nördlih der Sahara der tropiſch: aſrikaniſhen nächſtverwandt, während ſi<h die Lurhwelt dieſer Gegenden ohne jede Verwandtſchaft erweiſt. Man kann alſo re<ht wohl von einem altweltlihen und von einem neuweltlihen Eidechſenreiche ſprehen. Dabei vertreten gewiſſe Familien in dem einen großen Gebiete gewiſſe Familien in dem anderen, wie die Agamen und Halsbandeidecſen des altweltlichen Reiches die Leguane und Teju-Eidehſen im neuweltlihen Reiche.

Sie verbreiten ſi, mit Ausnahme des kalten Gürtels, über alle Teile der Erde und finden ſi<h vom Meeresgeſtade an bis zur Grenze des ewigen Schnees auf den verſchiedenſten Örtlichkeiten, im fruchtbaren Lande wie in Einöden und Wüſten, in der Nähe des Waſſers wie in gänzli<h waſſerloſen Gegenden. Fn den kälteren Teilen der gemäßigten Gürtel werden ſie nur dur< wenige Arten vertreten; ihre Artenzahl und damit ihre Vielgeſtaltigkeit und Farbenſchönheit nimmt jedo<h gegen den Gleicher hin in überraſhender Weiſe und mehr und mehr ſi< ſteigerndem Maßſtabe zu. Wenige Arten leben im Waſſer und betreten das Land, nach Art der Krokodile, nur, um eine ſi ihnen bietende Beute wegzunehmen oder um zu ſchlafen und ſich zu ſonnen; die Mehrzahl zählt zu den Landbewohnern im ſtrengſten Sinne des Wortes und meidet ſhon feuchte Örtlichkeiten. Nicht wenige leben auf Bäumen, die große Menge jedo< auf feſtem Boden oder an Felſenwänden. Von ihrer Leibesgeſtalt läßt ſi<h im voraus auf den Aufenthalt ſ{<ließen. Diejenigen unter ihnen, deren Körper plattgedrüt erſcheint, leben meiſt auf ſandigen Ebenen und ſuchen unter Steinen, an Mauern oder in Höhlen Zuflucht; diejenigen, deren Leib ſeitli<h zuſammengedrüdt iſt, wohnen in Gebüſchen oder auf Bäumen; jene endlih, deren Körper walzenförmig iſt, hauſen in Erd- und Baumlöchern. Fußloſe und ſ{<langenartige Formen leben auf dem BVoden/ wurmförmige unter der Erdoberfläche. Doch erleidet auh dieſe Negel mancherlei Ausnahmen.

Brehm, Tierleben, 83, Auflage. Y1I. 3