Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

726 Crſte Drdnung: Froſchlurche; neunte Familie: Scheibenzüngler.

im Freien zu überwintern im ſtande ſind, war bis vor kurzem noh ungewiß: weder Fr. Leydig noh K. Koch hatten im Frühjahre ſolche überwinterte Quappen auffinden können; jeßt wiſſen wir dur<h E. Pflüger, daß ein Teil dieſer Larven den Winter überdauert, und daß ſih die Anzahl ſol<her überwinterter Quappen nah der Strenge der Winterkälte und der Gunſt des Standortes richtet. Die mangelhafte Anpaſſung des Tieres an das deutſche Klima führte dieſen Forſcher ſogar zu der Annahme, daß die Knoblauchskrôte erſt ſeit der Eiszeit aus dem Süden eingewandert ſein müſſe.

Gefangene Knoblau<hskröten halten ſih bei einiger Pflege recht gut im Käfige, verlangen aber viel und fette Nahrung, da ſie an Gefräßigkeit keiner Art ihrer Ordnung nachſtehen. Leydig nennt ſie furhtſame Geſchöpfe von geduldigem, gutmütigem Weſen. Wenn ſie ſi<h im Zimmer nicht eingraben können, zeigen ſie ſih während des Tages träge und ſchläfrig. Die Stellung eines ſo ſchlafenden Tieres hat manches Sonderbare: möglichſt hoch auf den Vorderbeinen aufgerichtet, ſigen ſie mit geſchloſſenen, niht vorgequollenen, ſondern în die Tiefe gezogenen Augen da, einem indiſhen Gögßenbilde niht unähnlich.

Eine lette Familie der Schiebbruſtfröſhe nennen wir Scheibenzüngler (Disecoglossidae). Wir erfennen ſie an dem beweglichen Bruſtbeingürtel, der bezahnten Oberkfinnlade, den verbreiterten Querfortſäßen des Kreuzbeinwirbels, namentlih aber an den kurzen Rippen, die ſih an die vorderen Querfortſäße der Rü>kenwirbel anſeßen. Die Wirbel aller hierher gehörigen Arten ſind zudem auf der hinteren Seite ausgehöhlt und bekunden hierin ſowie in dem Auſtreten von Rippen eine Annäherung an die höheren Shwanzlurche. Ebenſo ausgezeihnet ſind die Scheibenzüngler im Larvenzuſtande dadurch, daß ihre Atemröhre nicht linksſeitig, ſondern in der Mitte der Bruſtgegend liegt, ein Kennzeichen, das ſie von allen übrigen Zungenfröſchen, unter AAN die Familie die niedrigſte Stellung einnimmt, unterſcheidet.

Man kennt vier Gattungen mit nur ſieben Arten, die ſih auf das altweltlih- nordiſche Gebiet und Neuſeeland verteilen.

Die eine der in Deutſchland vorkommenden Gruppen iſt die Gattung Unke (Bombinator), ausgezeihnet dur<h den Mangel des Trommelfelles und dur< überhaupt ſtark verkümmertes Dhr, ſcheibenförmige, an ihrer ganzen Unterfläche anhängende Zunge, ſtark verbreiterte Querfortſäße des Kreuzbeinwirbels, nur mit einem Gelenkkopfe dem Kreuzbeine angeheftetes Steißbein und dreie>igen Augenſtern. Die Finger ſind frei, die Zehen mit Schwimmhäuten ausgerüſtet. Auf den Pflugſcharbeinen zeigen ſih zwei nahe zuſammenſtehende Gruppen von Zähnen. Fn Mitteleuropa treffen wir zwei gut unterſchiedene Arten an, die au< Deutſchland bewohnen; die dritte Art der Gattung findet ſih, dur<h weiten Zwiſchenraum von dieſen beiden getrennt, in Nordoſtchina.

Bürger weiß das Schauerliche der Weiſe eines „Geiſtergeſanges““ niht treffender zu ſchildern als durch die Worte:

„hr Lied war zu vergleichen

Dem Unkenruf in Teichen“, gerade, als ob ſein Dhr jemals dur<h den Laut dieſer Tiere beleidigt worden wäre. Wahrſcheinlih will er weniger ſeine eigne Anſicht ausdrü>en, als Rehnung tragen einem uralten Aberglauben des Volkes, das mit der Unke und ihrem Leben Bilder des Grauens und Entſeßens verbindet, ohne daß es weiß, warum. Allerdings belebt die Unke ſehr gern auch die waſſerreichen Stellen des unheimlichen, weil {wer zugänglichen und trügeriſchen