Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

TAG Zweite Drdnung: Schwanzlurche; erſte Familie: Molche.

ſelten iſt er wohl nirgends innerhalb der Grenzen dieſes Verbreitungskreiſes, in Deutſchland z. B. häufig, gemein jedo< nur in einzelnen ihm beſonders zuſagenden Gegenden. Feuchte, düſtere Orte im Gebirge und Hügellande, enge Thäler oder dunkle Wälder geben ihm Herberge, Höhlungen unter Gewurxzel und Steinen, Bauten verſchiedener Tiere die erwünſchte Wohnung. Am Tage verläßt er dieſe nur nah einem Regen: denn au< ſeine Arbeitszeit iſt die Nacht. Trockene Wärme oder die Einwirkung der Sonne entzieht ſeinem Leibe raſh ſo viel von der ihm unentbehrlichen Feuchtigkeit, daß ſein Leben dadur< gefährdet wird; ſhon wenn es tagelang niht geregnet hat, erſcheint er, obgleih ſeine Haut mit dem Taue in Berührung kommt, mager und hinfällig, während er nah Regenfällen den Anſchein von Wohlbeleibtheit Glätte und ſtroßender Geſundheit erhält. Seine Bewegungen ſind langſam und ſ{hwerfällig. Will man ein Wettrennen gefangener Tiere veranſtalten, ſo muß man ſi< mit Engelsgeduld wappnen. Sein Gang iſ ein Kriechen mit ſeitlichen Biegungen, ſein Shwimmen, ſtreng genommen, au nur ein Gehen im Waſſer, bei welhem der Shwanz als das hauptſächlihſte Werkzeug zur Fortbewegung angeſehen werden muß. Alle höheren Fähigkeiten erſcheinen unbedeutend, die Sinne ſtumpf, die geiſtigen Begabungen äußerſt gering. Dbwohl er häufig mit anderen ſeiner Art vereinigt gefunden wird, kann man ihm doch kaum einen Hang zur Geſelligkeit zuſprechen: der eine bekümmert ſi< kaum um den anderen, und der ſtärkere fällt, wenn er Hunger hat, ohne Umſtände über den Shwächeren her, um ihn aufzufreſſen. Nur während der Begattungszeit ſuchen ſih die verſchiedenen Geſchlechter wirtlih auf; ſobald ſie aber ihrem Triebe genügt haben, endet jegliche Verbindung, und einzig und allein die ſ<hüßende Örtlichkeit, eine bequem gelegene Höhlung z. B., bringt ſpäter die einzelnen wieder zuſammen. Langſam ſih bewegende Tiere, vorzug8weiſe Shne>en, Regenwürmer und Käfer, unter Umſtänden aber auh kleine Wirbeltiere bilden die Nahrung. Von ihr wird zuweilen eine große Menge verbrau<ht, dagegen aber auch zu anderen Zeiten wochen- und monatelang gefaſtet. Auch dieſes Tier ergreift die Beute nur, ſolange ſie ſi< bewegt.

Hinſichtlih der Fortpflanzung des Erdſalamanders ſind wir noh heutigestags nicht vollſtändig im klaren. Die Paarung ſelbſt iſt ganz neuerdings dur< E. Zeller beobachtet worden. Sie geſchieht genau in der gleichen Weiſe, wie wir es ſeit längeren Fahren vom Rippenmolche wußten, und wie wir es bei Beſchreibung dieſes Tieres ſpäter mitteilen wollen. Das Männchen ſ{<leppt dabei das auf ſeinem Rüden liegende Weibchen vom Lande aus ins Waſſer. Auch die Abgabe feſter, kegelförmiger Samenpakete ins Waſſer von ſeiten des Männchens, die dann vom Weibchen aufgenommen wurden, konnte beobachtet werden. Jmmerhin bleibt es auffällig, daß gelegentli<h ein Salamanderweibhen, das 6—7 Monate von dem Männchen getrennt war, Junge zur Welt bringt, da man doh kaum annehmen fann, daß deren Entwi>elung im Mutterleibe ſo viel Zeit erfordert, noh auf fallender, daß nah dieſer einen Geburt unter Umſtänden eine zweite ſtattfinden kann. Zux Erklärung dieſer Thatſachen bleibt nur die gewiß rihtige Annahme übrig, daß eine einmalige Befruchtung für längere Zeit wirkſam bleibt und ſih gewiſſermaßen auh auf jolche Keime erſtre>t, die zur Zeit der Befruchtung noh gar niht befruchtungsreif waren. Der Erdſalamander iſt lebendiggebärend; nur bei Käfigſtücken hat man ein Eierlegen, dem aber ſehr bald das Aus\chlüpfen der Larven folgte, beobachtet. Er iſt ein Landtier, der nur zur Zeit, wo die Jungen ins Waſſer abgeſeßt werden, alſo im April, ſpäteſtens im Mai, im Waſſer ſelbſt angetroffen werden kann. Die Anzahl der Larven, die gleichzeitig ausgeſtoßen werden, iſt beträchtlih: man hat ſhon gegen 50 von ihnen in den Eiergängen eines Weibchens gefunden. Ein von Fr. Noll gepflegtes Salamanderweibchen ſeßte ſich in dem ihm als Käfig dienenden Waſſergefäße auf einem hervorragenden Steine ſo zurecht, daß ſih der Hinterleib im Waſſer, der Vorderleib in der Luft befand, begann in