Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Bonito. Germon. Schiffs3halter. 115

Auffallenderweiſe unterſchieden erſt die neueren Fiſhkundigen Thun und Germon; leßtgenannter Fiſh wird nämlich in noh größeren Maſſen gefangen als jener und hätte eigentli den ſo ſorgfältig beobachtenden Alten wohl auffallen müſſen. Sein Verbreitungsgebiet dehnt ſih über das Mittelländiſche und einen großen Teil des Atlantiſchen und Stillen Meeres aus. Hier wie dort ſcheint er bis gegen die Laichzeit hin in beträchtlichen Tiefen zu verweilen. Mitte Juni nähert er ſh, ſcharenweiſe ziehend, den Küſten, verweilt in deren Nähe bis zum Oktober und kehrt dann wieder in die tiefen Gründe zurü>. Allerlei Meérfiſhe, die in Scharen leben, namentlih Sardellen, Seebarben, fliegende Fiſche und dergleichen, bilden feine Nahrung. Das häufige Aufſteigen der leßteren ſehen die Fiſcher als ein Zeichen ſeiner Ankunft an. An den italieniſchen Küſten fängt man ihn in den Tonnaren, an den ſpaniſchen und franzöſiſhen hauptſählih mit Angeln, die mit geſalzenen Aalen oder mit Tuchſtüken geködert werden. Bewölkter Himmel, friſher Wind und bewegtes Meer gelten als beſonders günſtig für den Fang.

Das Fleiſh der Germons, die im Juli und Auguſt gefangen werden, iſt weißer und ſ{madchafter als das der Thunfiſche, ſoll aber während der Monate Juni und September viel ſ{<le<ter ſein als ſonſt. Jm Golfe von Biscaya erbeutet man jährlih etwa 30,000 bis 40,000 Stü verkauft von dem friſchen Fleiſche ſo viel wie zu verwerten iſt, und ſalzt das übrige zu Wintervorräten ein.

ES

„Gleich wie man bey uns die Haſen auff weitem Feld fähet mit Faghunden, die vögel mit dem Habicht oder Stoßvogel, alſo fahen au etlihe Völ>er in ſrembden Fnßlen die fiſche des weiten Meers, durch andere fiſch ſo zu ſolcher Arbeit genaturt und gewöhnet worden ſind. Solcher werden zweyerley Geſtalt beſ<hrieben. — Der erſte ſol ſi< vergleichen einem groſſen Aal, nur daß er einen gröſſern Kopff hat. Auff ſeinem Geni> ſoll er ein Fell oder Haut haben, gleihwie eine groſſe, weite und lange Taſche oder Sa>. Dieſen fiſh pflegen ſie an das Schiff gebunden im Waſſer herumb zu führen, alſo daß er die Lufft nicht erreihet, dann gänßlih mag dieſer fiſh die Lufft oder das Liecht nicht erleiden. Wo ſie nun einen Naub erſehen, er ſey von groſſen Schildkroten oder andern fiſchen, ſo löſen ſie das Seil auff, und ſo bald dieſer fiſh vermer>et, daß ſol<h Seil nachgelaſſen ſey, ſo ſcheuſt er na< dem Naub wie ein Pfeil, wirft auff ihn ſein Fell oder Taſchen, alſo daß er ihn damil ſo ſtar> ergreiffet, daß ſolher Naub mit keiner Arbeit mag von ihme erlediget werden, ſo lang er lebet: worauff er dann nah und nah mit dem Seil herauff an die Lufft oder Tag gezogen wird, welchen ſo bald ex erſichet, läſt er den Naub den Jägern oder Fiſchern, welche ihn ſo viel wiederumb ledigen, daß er ſi< möge in das Waſſer an ſeinen alten Siß oder Ort halten. Den Raub oder Fang theilen ſie und laſſen ein Theil dem fiſh herab an einem Seil zu ſeiner Speiß und Nahrung. Mit ſolchem Jag-fiſch ſollen ſie in kurßer Zeit viel fangen.“

Alſo berichtet Gesner, die in ſeiner Zeit noh allgemein geglaubte, ſpäter aber be: zweifelte Erzählung wiedergebend. Colombo, Dampier, Commerſon, Sloane und andere Reiſende wollen geſehen haben, daß man an den afrikaniſchen und amerikaniſchen Küſten Fiſche in Fäſſern mit Seewaſſer hält und dieſe, ganz wie es Gesner beſchreibt, zum Fange benußtt, d. h. ſie an einer Leine feſſelt und angeſichts einer erſpähten Schildfrôte losläßt. Sie ſollen zu entfliehen ſuchen und ſi, wenn ſie niht von der Leine losfommen fönnen, ſo feſt an die Schildkröte heften, daß dieſe mit Leichtigkeit zum Schiffe emporgezogen werden fönne.

Der Schiffshalter, den Gesner und ſeine Gewährsmänner meinen, war ſchon den Alten wohlbekannt, und ſeine Art, ſih an Schiffen oder großen Seefiſchen feſtzuſaugen, iſt unzweifelhaft die Urſache zu ſeinem Namen und den auf dieſen Namen gegründeten

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