Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

118 Erſte Drdnung: Stachelfloſſer; zweiundzwanzigſte Familie: Makrelen.

begreifen, weil alle Tiere, wie ih hon wiederholt bemerkte, von ihren Begabungen den rihtigen Gebrau<h zu machen wiſſen; warum ſie ſih aber an bewegliche Gegenſtände anheften, iſt ſhwer zu ſagen: denn die Annahme, daß ſie es in der Abſicht thun, ihrer Unfertigkeit im Shwimmen Nachhilfe zu leiſten, muß erſt no< bewieſen werden. Wahrſcheinlih iſ dieſe Annahme allerdings: „Während der obere Teil des Kopfes“, ſagt Freiherr von Kittliß, „ſih anklammert, behalten die Kinnladen Spielraum genug, nah den leinen Gegenſtänden ihrer Nahrung, die da unten vorbeiſ<hwimmen, mit Erfolg zu ſ{<nappen. Dabei kommt ihnen die Bildung dieſer Kinnladen zu ſtatten. Der ganze Fiſchkörper hat ein gewiſſermaßen verkehrtes Anſehen: der Bauch ſieht aus wie der Rücken bei anderen Fiſchen, er iſt niht nur erhabener, ſondern auch dunkler gefärbt als der Oberleib, der ſich ſtets an andere Gegenſtände anzuſhmiegen pflegt. Dieſer Trieb geht ſo weit, daß man, ſolange das Tier lebt, niht leiht etwas von ſeinem Oberkörper zu ſehen bekommt, weil es ſich überall glei<h anſaugt, ſo z. B. auf dem Boden eines Tellers mit Seewaſſer, wo es an der glatten Fläche ſi<h immer noh ziemlich feſthält und ſo, ganz umgekehrt, ruhig liegen bleibt.“ Jn dieſer Stellung ſcheinen die Schiffshalter, „vielleiht mit wenigen Unterbrehungen, ihr ganzes Leben hinzubringen. Die Kraft ihres Saugwerkzeuges iſt ſo gros, daß ſelbſt die toten Fiſche noh ziemlih feſt an allerlei Gegenſtänden hängen bleiben.“

Art und Weiſe ihrer Befeſtigung iſt leiht erklärt. Fhre Saugſcheibe wirkt wie ein Scröpſkopf. Sie drücken die vielen Blättchen an dem Nande nieder, preſſen die nun ebene Fläche feſt an die, die zum Anheften dienen ſoll, erheben die einzelnen Querblätter wieder und bilden ſo einen leeren Raum, der nunmehr den vollen Dru> des Waſſers zur Geltung kommen läßt. Als Saugſcheibe im eigentlihen Sinne des Wortes wirkt alſo ihr Kopfſchild niht, obſchon ganz ähnlich. Jhre Shwimmfertigkeit iſt niht ſo unbedeutend, wie man vielleiht annehmen möchte, obgleih ihre Bewegungen den Anſchein der Shwerfälligkeit und Ungeſchi>lichkeit haben, auh ausſchließli<h mittels der Shwanzfloſſe bewerkſtelligt werden. Man ſieht ſie zuweilen neben oder vor dem Haie ſ{hwimmen oder, wenn ſie ſich an Schiffen angehängt haben, dieſe verhältnismäßig raſh und gewandt umſpielen. Zu verkennen ſind ſie niht; denn auh im Schwimmen ſehen ſie aus, als ob ſie den Bauch nah oben gerichtet hätten, laſſen ſi alſo leiht von anderen Fiſchen unterſcheiden. Wenn der Koch eines Fahrzeuges das Spülicht in die See gießt und das Waſſer trübt, verlaſſen ſie zu Dußenden und mehr die Schiffswände, wo ſie ſich feſtgeſaugt hatten, ſ{längeln ſih mit aalartiger Beweglichkeit raſh dur<h die Wellen und verluchen von den fettigen Bläschen ſo viele wie möglih aufzunehmen. Auch gelingt es wohl, ſie mit einer durch Spe> geköderten Angel von ihren Ruheſißen wegzulo>en und zu fangen. Jhr kräftiges Gebiß deutet auf ihre räuberiſhe Natur; Bennett fand jedo<h in ihrem Magen nur Kruſter und kleine Muſcheln; van Benedens Befunde haben dagegen erwieſen, daß ſie mindeſtens gelegentlih auh Fiſche erbeuten. Nachdem ſie eine Beute erlangt haben, kehren ſie wieder zu dem alten Plaße zurü> und hängen einen Augenbli> ſpäter ebenſo feſt wie ſrüher. An einem gefangenen Haie haften ſie gewöhnlih nur ſo lange, wie der Teil, an welchem ſie ſich befeſtigt haben, no< im Waſſer liegt, laſſen, wenn der Fiſch emporgewunden wird, los und kleben ſi<h an das Schiff; Freiherr von Kittliß beobachtete aber auch das Gegenteil und erbeutete mehrere von ihnen, die „auh in der Luft ſo feſt auf ihrem Plate (am gefangenen Haie) blieben, daß ſie mit Gewalt abgeriſſen werden mußten“. Auch Haa>e erhielt auf ſolche Weiſe einige.

Über ihre Fortpflanzung weiß man noh nihts Beſtimmtes; Bennett erwähnt nur, daß man glaube, ſie brächten lebendige Junge zur Welt.

Die Unanſehnlichkeit der Schiffshalter ſhre>t die meiſten Seereiſenden ab, ſie für die Tafel bereiten zu laſſen. Nach einſtimmiger Verſicherung derer, die dem Vorurteile troßten,